Dariusz Oko: Prozess gegen Theologen wegen homophober Äußerungen

Dariusz Oko: Prozess gegen Theologen wegen homophober Äußerungen

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In einem Gerichtsprozess in Deutschland wird eigentlich nicht geklatscht. In Saal 142 im Kölner Amtsgericht ist das am Freitag anders. Immer wieder applaudieren Zuschauer während der Verhandlung dem angeklagten polnischen Priester Dariusz Oko, immer wieder rufen Frauen aggressiv in den Saal hinein, wenn der Staatsanwalt auf die Gesetzeslage hinweist. Handys klingeln, ein Mann telefoniert auf polnisch, zwei Frauen beten hölzerne Rosenkränze, auf dem T-Shirt eines Mannes steht: "Soldaten Christi".

Richterin Sophie Schwartz reagiert auf die Störungen und die zunehmend aufgeheizte Stimmung im Publikum nicht. Wenn geklatscht wird, lächelt sie irritiert. Es ist Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn, der irgendwann ins Mikrofon ruft, dass Beifall in einem Gericht nicht üblich ist, "es handelt sich hier nicht um eine Theatervorstellung".

Es sind mehr als 25 Unterstützer des polnischen Priesters Dariusz Oko nach Köln angereist, die meisten sprechen polnisch. In den Pausen machen einige Fotos mit dem 61-jährigen Priester – in Polen ist Oko vor allem bei Nationalkonservativen beliebt, oft Gast in Talkshows und Leiter des Lehrstuhls für Kognitive Philosophie der Päpstlichen Universität "Johannes Paul II." in Krakau.

Daher verurteilte sogar der nationalkonservative Vizejustizminister Polens öffentlich den Strafbefehl des Kölner Amtsgerichts gegen den Theologieprofessor Oko. Dieser sollte eine Geldstrafe zahlen wegen Volksverhetzung, in zwei Texten hatte er homosexuelle Priester unter anderem als "Plage" und "Krebsgeschwür" bezeichnet sowie unter anderem geschrieben: "Eine solche Homomafia verhält sich wie jede Mafia wie ein rücksichtsloser Parasit, wie ein Krebsgeschwür, das sogar bereit ist, seinen Wirt zu töten, die letzten Ressourcen und Vorräte aus ihm herauszusaugen, um seine bequeme Existenz zu sichern." Darf ein polnischer Theologe homosexuelle Priester in Deutschland ein "Krebsgeschwür der Kirche" nennen?

"Jesus hat die Kirche nicht als Schwulenclub gegründet"

Dariusz Oko hatte Rechtsmittel gegen den Strafbefehl einlegen lassen, daher kam es zur Hauptverhandlung. Angeklagt war auch der 91-jährige Herausgeber, Chefredakteur und Priester Johannes Stöhr, in dessen deutschsprachiger Zeitschrift Theologisches Okos Artikel erschienen war. Wolfgang Rothe, Priester, Missbrauchsopfer und Kirchenrechtler, hatte Oko und Stöhr angezeigt, auch er saß im Publikum. In der Pause wollte ein Mann Rothe aus einer Bibel vorlesen.

Mehr als drei Stunden lang verlas Richterin Schwartz die beiden Texte Okos, in denen es um die angebliche Existenz von mächtigen schwulen Netzwerken innerhalb der katholischen Kirche geht ("Jesus hat die Kirche nicht als Schwulenclub gegründet"), Oko bezeichnet sie als "Lavendel-Mafia".

Oko erklärt sich in der Verhandlung in Köln wortreich, er fühlt sich und seine Texte missverstanden, empfindet sich als Fürsprecher von Missbrauchsopfern. "Ich schreibe nur über homosexuelle Priester, die Straftaten begehen und die Kirche zerstören." Sein Verteidiger kritisiert die "kantige, raue" deutsche Übersetzung von Okos Text. Nach einem Gespräch mit seinem Verteidiger sagt Oko, dass er seine Äußerungen bedauere und alle um Verzeihung bitte, die er damit verletzt habe. Stöhr hatte schon zuvor um Verzeihung gebeten. Die Richterin erkennt "Einsicht" bei beiden Priestern und stellt die Verfahren gegen Geldauflage ein: Oko muss 3000 Euro an eine Opferschutzorganisation zahlen, Stöhr 4000 Euro.

via Süddeutsche.de

May 22, 2022 at 09:11AM