Diskussionsbedarf mehr denn je

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Die Deutschen Bischöfe treffen sich gerade in Dresden, um die letzte Sitzung des Synodalen Weges vorzubereiten. Zur Eröffnung sprach der Nuntius Erzbischof Nikola Eterović „Grußworte“. Dabei ging er auf zwei Themen ein, die auf der Tagesordnung stehen. Offensichtlich wollte er daran erinnern, welchen Spielraum die kommende Synodalversammlung haben werde. Die ausgewählten Themen waren die Frauenordination und die Dauersynodalisierung für die Kirche in Deutschland.

Frauenordination

Zur Frauenordination zitiert der Nuntius ausführlich ein Interview, das Papst Franziskus am 28. November 2022 dem American Magazine gegeben hatte: Der Papst versucht darin mit der Unterscheidung von zwei Dimensionen oder Prinzipien zu legitimieren, weshalb der Ort der Frau in der Kirche nicht im Amt sein könne. Denn „die Dimension des geweihten Amtes, so können wir sagen, ist die der petrinischen Kirche. Aber noch wichtiger ist ein anderes Prinzip, wovon nicht gesprochen wird, und dies ist das marianische Prinzip, das Prinzip des Weiblichen in der Kirche, der Frau in der Kirche, in dem sich die Kirche widerspiegelt, weil sie Frau und Braut ist.“ Dann fügt der Papst noch ein drittes Prinzip, nämlich das administrative, hinzu: „Und dann gibt es noch einen dritten Aspekt: den der Administration …, die keine theologische Sache ist, sondern die Sache einer normalen Verwaltung. Und in diesem Bereich glaube ich, dass wir den Frauen mehr Raum geben müssen.“ Nun zweifelt ja niemand daran, dass Frauen auch „administrative Dienste“ in der Kirche übernehmen können und sollen. Spannend ist hingegen, dass offensichtlich das „Petrinische“ den allein ordinierbaren Männern und das „Marianische“ den getauften Frauen zugewiesen wird. Geht das ekklesiologisch so einfach?

In dem genannten Interview betont der Papst nachdrücklich, die Kirche als Ganze „ist Frau, die Kirche ist Braut“. Weil Frauen und Männer in gleicher Weise Glieder der Kirche sind und zum Volk Gottes gehören, gilt das Prinzip des Marianischen für Frauen und Männer in gleicher Weise. Man muss getauft sein, um ordiniert werden zu können. So erscheint das Petrinische als eine bestimmte Aufgabe im Rahmen des Marianischen, als Dienst am und im Volk Gottes, nicht als Alternative zu ihm. Um in diesem Bild zu bleiben, muss ein Mann, der geweiht werden soll, zunächst „Maria“ sein und werden. Auch die Priester sind zunächst Laien, so die Deutschen Bischöfe vor Jahren. Dann stellt sich die Frage neu: Warum kann sich das Marianische bei Männern mit dem Petrinischen verbinden und bei Frauen nicht? Diese Frage beantwortet der Papst nicht, hält sie traditionell für nicht möglich (ohne das zu begründen) und bietet den Frauen „zum Trost“ das administrative Betätigungsfeld an. Eine Prinzipienlehre also, die theologisch mehr Fragen aufwirft als sie löst! Es könnte zudem sein, dass Frauen diese „Vertröstung“ als weitere theologisch unnötige diskriminierende Kränkung empfinden.

Dauersynodalisierung

Dünneisig erscheinen auch die Überlegungen des Nuntius zum Synodalen Rat. Dieser wird faktisch deshalb abgelehnt, weil man die Alleinzuständigkeit von Bischöfen in der ihnen anvertrauten Ortskirche nicht antasten will. Es ist ein Präsent an jene deutschen Bischöfe, die in Rom genau darum ersucht haben. Die Argumentation des Nuntius: Es gebe natürlich auf der weltkirchlichen Ebene nach Synoden „synodale Arbeitsgruppen“, die sich um die Umsetzung der Beschlüsse und die Vorbereitung der nächsten ‚Synode kümmern. Aber diese haben lediglich beratende Aufgaben inne und beschließen nichts.

Dabei gilt es, die Differenz zwischen konkret bestehenden Synoden und der Synodalität der Kirche nicht zu übersehen. Zufolge Papst Franziskus ist „Synodalität das, was Gott sich von der Kirche im dritten Jahrtausend erwartet“ (Batlogg in: Synodalisierung S..37). Der gegenwärtige Synodale Prozess soll über Synodalisierung der Kirche nachdenken. Das kann sich nicht darin erschöpfen, bestehende Synodenordnungen zum Maßstab zu nehmen.

Zudem wird im Text des Nuntius nicht gewürdigt, dass schon die (Bischofs-)Synoden eine Frucht des Konzils sind. Sie sind ein junges Gebilde, das selbst in Entwicklung ist. Papst Franziskus arbeitet derzeit daran, aus Bischofssynoden wahre Synoden zu machen und die Partizipation aller sicherzustellen, ohne die Aufgabe des Amtes zu verraten. Warum sollte aber, was als „Event“ zulässig ist, nicht auch dauerinstitutionalisiert werden können? Wenn Synodalität bedeutet, aufeinander zu hören, ist nicht einzusehen, dass dabei die Verantwortung der Bischöfe untergraben würde. Im Gegenteil würde das Wort der Bischöfe aus einer gruppenbedingten Isolation befreit.  Die Etablierung geeigneter Strukturen wäre ein Schritt, die dauerhafte Synodalisierung der Kirche wirklich ernstzunehmen.

Was dabei vor allem zur Debatte steht, ist welches Gewicht jenem Kirchengebiet, das durch die Bischofskonferenz markiert wird, zugestanden wird. Dieser Streit ist nicht neu. Die Bischofskonferenzen hatten nach dem Konzil deutlich mehr Handlungsbefugnis als heute. Offensichtlich geht es auf dem Synodalen Weg um ein Doppeltes: Das Gewicht der Bischofskonferenz neuerlich aufzuwerten sowie zugleich auch die Partizipation der Laien neu zu bestimmen. Die Alternative lautet: Deutschland oder Regensburg, Eichstätt… Es geht hier also nicht um Theologie (weil niemand die Rolle der Bischöfe bestreitet), sondern „lediglich“ um die Unabhängigkeit von Ortsbischöfen und die Einbindung von Diözesen in einen größeren Verbund. Das ist ein spannender Machtkampf. Es ist offenkundig, dass einzelne Ortsbischöfe um ihre Unabhängigkeit ringen. Letztlich geht es bei dieser Frage pastoraltheologisch um die „strukturelle Affinität“ der Kirche: Soll es diese nur auf regionaler Ebene gesucht werden (z.B. die Diözese Passau und Niederbayern mit Teilen von Oberbayern) oder ist die Kirche in ihrem Auftrag, das Evangelium zu inkulturieren heute nicht stärker, wenn sie auf nationaler Ebene geeint auftritt?

Hier die Rede des Nuntius im Wortlaut:

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Religion

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February 28, 2023 at 11:14AM