Overbeck: "Kriegstauglichkeit braucht gesellschaftliche Akzeptanz"
Angesichts der aktuellen Krisen und Konflikte sieht Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck die Christen gefordert, Gewaltspiralen zu durchbrechen und für Menschenwürde, Versöhnung und Frieden einzutreten. "Für das christliche Profil einer Friedensethik ist es entscheidend, stets das Ziel der Überwindung von Gewalt zu verfolgen", sagte der katholische Militärbischof am Karfreitag beim traditionellen Kreuzweg des Bistums Essen auf der Halde Haniel in Bottrop. "Es geht darum, Wege aus dem Krieg zu finden – hin zu einem gerechten Frieden." Gewaltfreie Konfliktbewältigung, Ursachenprävention sowie das Bemühen um Abrüstung und Rüstungskontrolle müssten Vorrang haben.
Solange es die Gefahr von Gewalt und Krieg gebe, müsse aber auch das Recht auf Selbstverteidigung anerkannt werden, betonte der Essener Bischof laut Redetext. Es gelte, für die Rechte der Opfer von Angriffen einzutreten. Niemals dürfe es einen "Siegfrieden" geben, der etwa über die Köpfe der Menschen in der Ukraine hinweg ausverhandelt wird, das Recht des Stärkeren dürfe nicht die Stärke des Rechts ersetzen. Kern des christlichen Menschenbildes sei, "den zur Freiheit berufenen Menschen in seiner ganzen Verletzlichkeit zu schützen" und für den Frieden und das Heil aller einzustehen.
Fundamentale Werte wie Selbstbestimmung, Freiheit und Menschenrechte müssten daher in einer wehrhaften Demokratie verteidigt werden, sagte Overbeck: "Die Soldatinnen und Soldaten sollen in der Lage sein, im Ernstfall unsere Freiheit zu verteidigen." Für eine solche "Kriegstauglichkeit" brauche es in Demokratien gesellschaftliche Akzeptanz.
Der Militärbischof räumte ein, dass zwischen gewaltfreiem Handeln und der Anwendung von Gewalt eine Spannung bestehe, die nicht aufgelöst werden könne. Es gehe darum, "zwischen radikalem Pazifismus und kriegsbegeistertem Militarismus zu zeigen: Wir sind Hüter aller Menschen". Grundlage der Menschenrechte sei der unantastbare Wert jedes Individuums als Ebenbild Gottes.
Kramer: "Wer Frieden will, muss Frieden vorbereiten"
Am Gründonnerstag haben die ersten Ostermarsch-Aktionen der Friedensbewegung begonnen. Bei einer Kundgebung in Erfurt erklärte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, wer Frieden wolle, müsse den Frieden vorbereiten. Viele Menschen in Deutschland fürchteten sich mit Blick auf die Bilder aus der Ukraine vor einem aggressiven Russland. In einer ungeregelten Aufrüstung und einer Bedrohung Russlands liege jedoch keine Lösung.
Wenn überhaupt, müsse Europa in Verteidigungsfähigkeit investieren. Vor jedem einzelnen Schuss müssten tausend diplomatische Initiativen stehen, mahnte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Fehrs: "Die Liebe ist nicht totzukriegen"
Schmerz und Trauer Raum geben – das brauche es für eine menschliche Gesellschaft, sagt die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Berührbar bleiben für den Schmerz, das heißt eben auch: Nicht wegschauen, sondern die Kreuze unserer Tage, all das, was in diesen komplizierten Zeiten uns Menschen zutiefst belastet, zu beklagen und vor Gott zu bringen", erklärte Bischöfin Kirsten Fehrs.
Die EKD-Ratsvorsitzende verglich den Einsatz Jesu für die Menschen mit dem Einsatz der Menschen heute: "So viele setzen sich für Gottes Weltordnung ein, für die Würde und das Recht aller Menschen, und stoßen derzeit mit Weltbildern und Ideologien zusammen, die Liebe und Barmherzigkeit zum Feindbild erklärt haben." In einer Welt der Machtpolitik, die nur Sieger und Verlierer kenne, sei Jesus zwar scheinbar der Schwächere, aber gerade dadurch überlegen. "Und mit ihm alle, die weiter lieben und hoffen und vertrauen wollen."
Als stiller Feiertag stehe der Karfreitag für die Trauer über das Leid in der Welt. "Es ist wichtig, sich dem Mitgefühl und den Tränen hinzugeben. Um dann festzustellen, dass da diese widerständige Hoffnung aufleuchtet, selbst im dunkelsten Moment." Die Botschaft dieses Tages sei: "Die Liebe ist eben nicht totzukriegen. Am Ende des Schmerzes steht ein Neuanfang."
Kühnbaum-Schmidt: "Am Kreuz ist der Tod am Ende"
Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, ruft in ihrer Botschaft zum Karfreitag zu einem wachen Blick auf Leid und Gewalt in der Welt auf. Die Erzählung vom Tod Jesu am Kreuz zeige bedrückende Parallelen zur Gegenwart. "Das Kreuz ist stumm und macht stumm", sagte die Bischöfin laut Manuskript in Schwerin. Die Gewalt, die Jesus erleide, stehe für das Leid, das Menschen weltweit durch Hass und Brutalität erfahren – gezielt, erbarmungslos und ohne Respekt für menschliches Leben.
Zugleich betonte Kühnbaum-Schmidt die Kraft von Liebe und Mitgefühl. Das Kreuz sei kein Ort der Trennung, sondern der Beginn neuer Gemeinschaft. Hoffnung wachse gerade in der Dunkelheit: "Am Kreuz ist der Tod am Ende – Hoffnung wird möglich", so die Bischöfin. Gott bleibe inmitten menschlichen Leids gegenwärtig. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Unsicherheiten rief Kühnbaum-Schmidt zu Hoffnung und Solidarität auf. Es gehe nicht um Besitz oder Macht, sondern um Mitgefühl, Respekt und Vertrauen. Karfreitag lade dazu ein, aus dieser Erfahrung neue Kraft zu schöpfen.
Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.
Title: Ein Blick auf das Kreuz / Karfreitagsbotschaften handeln von Frieden und der Zukunft der Kirche
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Source: DOMRADIO.DE – Der gute Draht nach oben
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Date: April 18, 2025 at 01:29PM
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