BREMEN. Das kleinste Bundesland prescht vor: Bremens Schulsenatorin Sascha Aulepp (SPD) hatte in dieser Woche einen bundesweit bislang beispiellosen Vorstoß angekündigt, die Arbeitszeit von Lehrkräften erfassen und ein neues Modell für die Verteilung der Arbeit entwickeln zu wollen (News4teachers berichtete). Die Bremer GEW zeigt sich nun misstrauisch. Immerhin: Dass die Blockadehaltung der KMK in Sachen Arbeitszeiterfassung im Schuldienst sich auch dank dieser Initiative nicht mehr aufrechterhalten lässt, wird von der Gewerkschaft durchaus gesehen.
„Deshalb begrüßen wir erst einmal, dass die Bildungsbehörde sich dem Thema Arbeitszeiterfassung stellt“, sagt der Landessprecher der GEW Bremen, Fabian Kinz. „Letztendlich wurde dem Bestreben der Kultusministerkonferenz, Lehrkräfte von der Erfassung auszunehmen, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine eindeutige Absage erteilt.“
Hintergrund: Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von 2019 verpflichtet Arbeitgeber, die volle Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Das Bundesarbeitsministerium arbeitet an einem entsprechenden Gesetz. Die KMK schrieb im vergangenen Jahr einen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Lehrkräfte von der geplanten Regelung auszunehmen (News4teachers berichtete). Sie blitzte damit zwar ab. Auf die Umsetzung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung warten Lehrkräfte in ganz Deutschland aber noch immer (wie andere Beschäftigte auch) – obwohl das Bundesarbeitsgericht das EuGH-Urteil mittlerweile bestätigt hat.
Die Mehrarbeit, die Lehrkräfte regelmäßig leisten, sei durch zahlreiche Arbeitszeitstudien nachgewiesen worden, so betont die GEW nun in einer Pressemitteilung. Demnach überschritten Lehrkräfte regelmäßig die gesetzlich festgelegte maximale Arbeitszeit von 48 Stunden in der Woche (außerhalb der unterrichtsfreien Zeit), ohne einen entsprechenden zeitnahen Ausgleich zu erfahren.
Die GEW warnt allerdings die Schulverwaltung davor, die individuelle Arbeit von Lehrkräften überwachen zu wollen. „Die konkrete Umsetzung des Arbeitszeiturteils muss auch für Beschäftigte in Schulen bedeuten, dass nur das erfasst wird, was gesetzlich vorgeschrieben ist: Anfang, Ende und Pausen“ ergänzt die GEW-Landessprecherin Elke Suhr. „Zu einer Kontrolle der Arbeit und Leistung darf dies nicht führen.“ Die Erfassung müsse zeitnah durch die Beschäftigten mit einem einfach zu handhabenden manipulationssicheren, elektronischem System erfolgen. Sie sei dadurch unabhängig von Zeit und Ort.
Was die Entwicklung eines neuen Arbeitszeitmodells angeht, zeigt sich die Gewerkschaft skeptisch. „Die senatorische Behörde sollte sich schon jetzt damit auseinandersetzen, wie die Mehrarbeit des Personals ausglichen werden kann, statt zu versuchen, diese durch neue Arbeitszeitmodelle zu kaschieren“, erklärt Kinz. Die GEW fordert stattdessen eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung, mindestens um zwei Stunden auf den Stand von 1997.
„Die Forderung zur Reduzierung der Arbeitszeit ist nicht so paradox, wie sie auf dem ersten Blick – in Zeiten des Fachkräftemangels – erscheint. Denn ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass die Belastungen durch lange Arbeitszeiten zu mehr Unfällen, mehr stressbedingten Erkrankungen und dadurch zu vermehrten Ausfällen führen. Im Gegenteil, eine Reduzierung der Arbeitszeit steigert die Motivation, hilft beim Gewinnen und Halten von Fachkräften und führt zu einer besseren Gesundheit, wodurch es zu weniger Ausfällen kommt“, führt Suhr hierzu aus. News4teachers
Title: Erfassung der Arbeitszeit von Lehrkräften: GEW warnt Schulbehörden davor, Leistungskontrollen einzuführen
URL: https://www.news4teachers.de/2024/02/erfassung-der-arbeitszeit-von-lehrkraeften-gew-warnt-schulbehoerden-davor-individuelle-leistungskontrollen-einzufuehren/
Source: News4teachers
Source URL: https://www.news4teachers.de
Date: February 17, 2024 at 10:34AM
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