„Wenn nach dem jüngsten Brief von Papst Franziskus die lauter gewordenen Störgeräusche nicht in einem großen Knall enden sollen, werden die Verantwortlichen des Synodalen Weges in Deutschland auf die römischen Einsprüche nicht länger mit Abwehrreflexen oder Schwerhörigkeit reagieren können“, schreibt der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück in seinem Beitrag in der „Neuen Zürcher Zeitung“.
Papst lehnt gemischte Leitungsgremien ab
Der renommierte Professor hat sich schon mehrfach kritisch zu Wort gemeldet, etwa zum „Umbau der bischöflichen Verfassung“ der Kirche durch die Einrichtung eines Synodalen Rates. Anlass seiner jetzigen Stellungnahme waren zwei jüngst veröffentlichte Texte, in denen sich der Vatikan klar gegen zentrale Reformideen des Synodalen Weges stellt.
In einem an vier Frauen, die sich vom Synodalen Weg abgewandt hatten, lehnt Papst Franziskus die Gründung eines gemischten kirchlichen Leitungsgremiums aus Laien und Bischöfen („Synodaler Ausschuss“) klar ab.
Kurz darauf bekräftigte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Schreiben an die deutschen Bischöfe, dass die den Männern vorbehaltene Priesterweihe und die Lehre der Kirche zur Homosexualität nicht verhandelbar seien.
Dennoch Gemeinsamkeiten bei den Reformanliegen
Der Brief des Papstes komme geradezu zur Unzeit für die Verantwortlichen des Synodalen Weges, führt Tück aus. Diese hätten sich nach der Bischofssynode im Vatikan ganz auf Linie des Papstes gewähnt. Das dürfte ein Missverständnis gewesen sein, so Tück; die „Störgeräusche in der Kommunikation zwischen Rom und Deutschland“ seien nicht mehr überhörbar.
Allerdings hätte man sie bereits früher vernehmen können, schreibt der Theologe; etwa im Offenen Brief des Papstes vor Beginn des Synodalen Weges 2019 oder beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe.
Gewiss gebe es Gemeinsamkeiten bei den Reformanliegen, räumt der am Niederrhein geborene Tück ein; etwa in der Missbrauchsbekämpfung. Auch ein pastoral sensiblerer Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und queeren Personen sowie die Kritik „klerikaler Selbstgefälligkeit“ werde von Franziskus mit getragen. „Schließlich ist klar, dass die Bischöfe in demokratischen Gesellschaften nicht mehr wie Barockfürsten durchregieren können.“
„Erhebliche Differenzen im Stil und institutionellen Format“
Allerdings seien nun einmal mehr „erhebliche Differenzen im Stil und im institutionellen Format“ sichtbar geworden. Während Franziskus den Synodalen Prozess der Weltkirche als einen geistlichen Prozess verstehe, sei der Synodale Weg in Deutschland eher als eine Art Kirchenparlament mit einer eher eng geführten Reformagenda angelegt, so Tück.
Die Debatten würden „von eloquenten, durchsetzungsstarken Akteuren dominiert“; die Toleranz gegenüber abweichenden Positionen sei nicht immer stark ausgeprägt, der Ton oft polemisch.
„Was ein von Laien und Bischöfen besetztes Leitungsgremium – der Synodale Rat – mehrheitlich bestimmt, das soll das bischöfliche Handeln bestimmen“, resümiert Tück. So könnte sich mancher Bischof „schon bald als Gefangener volatiler Mehrheiten wiedersehen“.
Der Begriff „Synodaler Weg“ verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich „Weggemeinschaft“; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.
Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.
Title: „Erhebliche Differenzen“ / Synodaler Weg kann Papst-Einsprüche nicht mehr ignorieren
URL: https://www.domradio.de/artikel/synodaler-weg-kann-papst-einsprueche-nicht-mehr-ignorieren
Source: DOMRADIO.DE – Der gute Draht nach oben
Source URL: https://www.domradio.de/
Date: November 30, 2023 at 07:39AM
Feedly Board(s): Religion