Fehlendes Personal in Schulen: Hoffnungsträger Vertretungslehrkräfte

Fehlendes Personal in Schulen: Hoffnungsträger Vertretungslehrkräfte

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Fehlendes Personal in Schulen

Vertretungslehrer als Hoffnungsträger

Stand: 24.08.2022 16:38 Uhr

Das neue Schuljahr beginnt und überall fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Besonders in Problembezirken fehlen ausgebildete Pädagogen. Können Vertretungslehrkräfte eine Lösung sein?

Von Dominik Braun, ARD-Hauptstadtstudio

Fabian Theiß ist Schulleiter an einer Gesamtschule in Duisburg. Sein Job ist gerade vor allem eins: Mangelverwaltung. Denn für die mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler fehlten schon im letzten Schuljahr fünf Lehrkräfte.

Mit Beginn der Sommerferien haben sie an der Schule sechs weitere Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand verabschiedet. Für die mittlerweile elf freien Stellen haben sie in Duisburg aber noch niemanden gefunden. Das reißt ein Loch in den Unterrichtsplan.

"Im Stundenplan fehlen uns jetzt 275 Lehrerstunden pro Woche. Und da ist noch keiner krank und niemand schwanger", sagt Theiß. Weil die Arbeit auf weniger Schultern verteilt wird, steigt die Belastung für die vorhandenen Lehrkräfte. Und mehr Druck, führe tendenziell zu noch mehr Krankenstand, sagt Theiß.

Überall in Deutschland fehlen Lehrkräfte

Mit dem Problem ist der Schulleiter nicht alleine. In Nordrhein-Westfalen sind etwa 4400 Lehrerstellen unbesetzt. Mathe und Naturwissenschaften haben daran traditionell den größten Anteil, denn hier lockt die freie Wirtschaft oft mit besseren Gehältern als die Schule.

Auch in anderen Bundesländern ist die Lage schlecht. In Berlin war ein Drittel der ausgeschriebenen Stellen zu Schuljahresbeginn noch unbesetzt. Ein weiteres Drittel konnte mit Quereinsteigern besetzt werden, insgesamt kommen nur auf ein Drittel der freien Stellen voll ausgebildete Lehrkräfte. Und das Problem dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen. Nach einer Prognose der Kultusministerkonferenz fehlen bis zum Jahr 2035 etwa 23.800 Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland.

Ausgebildete Lehrer meiden Problemschulen

Nach Angaben des deutschen Lehrerverbandes sitzen in Berlin in manchen Lehrerzimmern mittlerweile mehr Quereinsteiger als vollständig ausgebildete Pädagogen. Ein Grund dafür: In den letzten 18 Jahren wurden in Berlin keine Lehrkräfte mehr verbeamtet. Wer den sicheren Status wollte, zog in ein anderes Bundesland.

Außerdem haben viele voll ausgebildete Lehrkräfte häufig keine Lust auf Schulen in Brennpunktgebieten oder Gegenden mit schlechtem Image. Dabei können gerade dort, wo es nicht nur um Wissensvermittlung in konfliktfreien Mittelstandsgegenden geht, voll ausgebildete Pädagogen einen entscheidenden Unterschied machen.

Schulleiter Fabian Theiß: Bewerberinnen und Bewerber werden früh an die Schule gebunden.
Bild: WDR

Das kennt auch Theiß an der Globus Gesamtschule in Duisburg. "Städte wie Köln oder Münster sind eben wegen der Lebensqualität und der vermeintlich weniger auftretenden Probleme attraktiver", sagt Theiß.

Vor allem hat die Gesamtschule aber Probleme, die Stellen für Mittel- und Unterstufe zu besetzen. Die Studiendauer für diesen Bereich ist mittlerweile genauso lang wie für Lehrkräfte, die auch die Oberstufe unterrichten dürfen. Aber das Gehalt ist kleiner. Die NRW-Landesregierung hat angekündigt die Besoldung der beiden Gruppen anzugleichen. Wenn das passiert, wäre die Lage zumindest schon ein bisschen besser, schätzt Theiß.

Wertvolle Praxiserfahrung

Um Stellen in Zukunft schneller besetzen zu können, versucht die Gesamtschule in Duisburg, potenzielle Bewerberinnen und Bewerber schon früh an sich zu binden. Wer als Vertretungslehrer neben dem Studium an der Schule arbeitet, hat die Chance schon das Kollegium und das Betriebsklima kennenzulernen.

Außerdem sammeln die Studierenden, die den Vertretungsunterricht machen, wertvolle Praxiserfahrung schon vor dem Referendariat. Komplett ersetzen können sie eine Lehrkraft nicht, das wissen Vertretungslehrer und Schulleiter. Aber wer die Schule bereits kennengelernt hat, der kommt vielleicht wieder. Auch wenn es in Köln oder Münster andere Angebote gäbe.

"Ich habe jetzt erst eine Kollegin eingestellt, die vorher schon mal als Vertretungslehrerin bei uns war und die unglaublich gerne wieder zurückgekommen ist", sagt Theiß.

So wie die Globus Gesamtschule in Duisburg, könnten es in Zukunft immer mehr Schulen machen und ihr Personal bereits suchen, noch bevor es fertig ausgebildet ist. Der immer größere Lehrermangel spricht dafür.

via tagesschau.de

August 24, 2022 at 05:31PM