Fünf Erkundungen zur neuen Such-Funktion von ChatGPT

Das KI-Sprachmodell ChatGPT verfügt über eine neue Such-Funktion. Ähnlich wie es bisher beim KI-Tool Perplexity der Fall war, können damit nun die Internet-Quellen angezeigt werden, auf die das Tool sich in seinen Ausgaben bezieht. Damit können unter anderem auch aktuelle Ereignisse aufgerufen werden. Mit dieser Such-Funktion eröffnen sich im Bildungskontext neue Perspektiven und zugleich ein Bedarf an kritischer Reflexion. Außerdem ergibt sich natürlich auch die Möglichkeit für Quatsch und Spielerei.

(Wie fast immer bei neuen Funktionen steht die Funktion auch dieses Mal erst nur zahlenden Nutzer*innen mit Plus-Account zur Verfügung. Ich habe deshalb zunächst dazu tendiert, bewusst nichts dazu zu schreiben. Da ich aber vor allem auch kritische Anmerkungen habe, veröffentliche ich meine ersten Beobachtungen nun doch. Zudem denke ich, dass eine solche Kombination aus Sprachmodell und Suchmaschine auch unabhängig von der konkreten Funktion bei ChatGPT etwas ist, das im Bildungskontext Auswirkungen haben wird.)

Hier sind meine fünf, allerersten Erkundungen im Sinne eines „Exploring Out Loud“.

  1. Erweiterter Zugang zum Internet: Ich finde ganz andere Quellen, wenn ich über eine Suchmaschine nach einem bestimmten pädagogischen Schlagwort suche, als wenn ich es über ChatGPT versuche. Ich habe es zum Beispiel zu OER ausprobiert und bin dabei direkt auf eine Vielzahl von Websites gestoßen, die ich noch nicht kannte. Pro-Tipp dazu: Nicht einfach fragen, wo man etwas über OER findet oder allgemein, was OER ist (dann kommen Standard-Websites), sondern beispielsweise die Frage stellen, was kreative, innovative und kritische Ansätze zu OER sind. Diese Herangehensweise lässt sich beliebig auch auf andere Themen übertragen – und kann eine Internetsuche so sehr erweitern.
  2. Transparenz über eine zu einseitige Datenbasis: KI-Sprachmodelle wie ChatGPT sind nicht neutral. Ihre Antworten ergeben sich insbesondere aus der Datenbasis, mit der sie gefüttert werden – und diese ist nicht immer ausgewogen. Dieser Fakt ließ sich bisher zwar erklären, aber nur schwer praktisch zeigen und transparent machen. Mit der Such-Funktion stellt man nun sehr direkt fest, wie problematisch die Auswahl oft ist. Bei mir passiert das vor allem, wenn ich nach aktuellen politischen Einschätzungen zu unterschiedlichen Themen frage. Dann wird fast ausschließlich auf die Bildzeitung als Quelle referenziert. (Das passiert übrigens zum Teil auch bei pädagogischen Themen, wenn sie sehr emotional diskutiert werden, zum Beispiel bei der Frage nach einer Bildschirmzeit-Empfehlung für Jugendliche oder auch bei ganz anderen, viel diskutierten Themen, z.B. wenn ich frage, was gegen Migräne hilft.)
  3. Transparenz über fragliche und wenig relevante Quellen: Wenn ich bisher eine Eingabe gemacht habe, wie zum Beispiel „Ich möchte aus pädagogischer Perspektive eine Erörterung über das Für und Wider von KI-Nutzung in Schulen schreiben. Was könnten die 5 wichtigsten Argumente sein?“, dann habe ich einen Text erhalten, der zumindest beim ersten Durchlesen recht plausibel klang. Jetzt kann ich solch einen Text mit Quellenverweisen erhalten, auf die in der Antwort Bezug genommen wird. Das ist zum Teil wirklich interessant bis abenteuerlich (und vielleicht regt es den einen oder die andere dazu an, mehr als bisher darüber nachzudenken, ob solch eine zusammengewürfelte Antwort überhaupt irgendeinen Nutzen erfüllt). In meiner Beispielfrage tauchte zwar auch das Deutsche Schulportal auf, aber ebenso ein Marketing-Spezialist aus Mexiko, der Blog Business Insider und einige weitere Websites, die ich für eine pädagogische Diskussion kaum auskunftsfähig und relevant halte.
  4. Reflexion über Relevanz und Nicht-Relevanz: Es kann spannend sein, über die Such-Funktion nach sich selbst oder anderen Bildungsakteur*innen zu fragen. Ohne Such-Funktion war das manchmal lustig, weil zum Teil irgendetwas als Antwort zusammengewürfelt wurde, das mit der Realität nur wenig zu tun hatte. Jetzt ist es interessant, weil man erstens erfährt, auf welche Quellen ChatGPT bei der Antwort zurückgreift. Bei mir waren das zum Beispiel neben der Wikipedia und meiner eigenen Website auch Blogs, die ich selbst noch kaum wahrgenommen hatte. Zweitens ist es interessant, was als relevante Informationen über Personen ausgewählt wird und was nicht. Ganz häufig geht es zum Beispiel bei meinen Tests mit unterschiedlichen Personen um erhaltene Preise oder Mitgliedschaften in bestimmten Gremien, selbst wenn das eigentlich nur Kleinigkeiten sind im Vergleich zu dem, was die gewählten Akteure ansonsten so machen.
  5. Spielerische Challenges: Mit der Such-Funktion lässt sich auch Quatsch machen. Zum Beispiel in Form dieser Challenge: Nach welchem pädagogischen Begriff musst du fragen, damit du nur genau eine Quelle als Antwort erhältst? (Besonders spaßig für Menschen mit eigener Website: Habe ich Inhalte veröffentlicht, die so individuell und spezifisch sind, dass ChatGPT in der Antwort auf eine Frage nur auf meine Website verweist?)

PS: Zusammen mit der Such-Funktion wurden auch die Anzeige von Trends und die Such-Vervollständigung veröffentlicht. Auch das ist eine Funktion, die von Suchmaschinen bekannt ist, aber im Kontext eines Sprachmodells vielleicht noch einmal ganz anders eingesetzt werden kann.

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Title: Fünf Erkundungen zur neuen Such-Funktion von ChatGPT
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Date: November 1, 2024 at 09:34PM
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