Künstliche Intelligenz brachte ohne Zweifel viele Chancen, Möglichkeiten und Erleichterungen in unseren Alltag, aber auch zahlreiche Herausforderungen. Ich stand beispielsweise vor der Frage: Wie kann bzw. muss ich meinen Unterricht verändern, damit ich nicht nur Referate bekomme, die die Schülerinnen mithilfe von KI erstellt haben? Denn das wäre weder lehrreich für sie noch für die Klasse – und für mich als Lehrkraft eigentlich auch eher frustrierend, weil ich schlechte Noten geben müsste, da die Kinder nicht gut vorbereitet sind und sich damit quasi selbst schaden.
In meiner 9. Klasse, die gerade das Thema „Erster Weltkrieg“ behandelt, habe ich mir deshalb ein anderes Prüfungsformat überlegt. Die Schülerinnen sollten nicht einfach Referate halten, sondern selbst eine Unterrichtsstunde zum Thema planen und durchführen. Sie mussten sich eine funktionierende Struktur überlegen und das Thema in einer gewissen Tiefe verstehen. Dabei durften sie sich durch KI unterstützen lassen, aber die Präsentation und das Erarbeiten von Materialien, wie Arbeitsblättern, mussten sie eigenständig erledigen. Das Ziel war, dass sie das Wissen wirklich durchdringen, es souverän vor der Klasse präsentieren und dabei auch ein gutes Zeitmanagement beweisen.
Die Vorbereitung
Bevor wir das Thema überhaupt im Unterricht besprochen haben, habe ich zunächst einen Erwartungshorizont erstellt und mir überlegt, was mir für die Unterrichtsstunde der Kinder wichtig wäre. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich den Erwartungshorizont nicht mehr allein festlegen, sondern gemeinsam mit der Klasse erarbeiten würde. So könnte ich den Schülerinnen bereits erste Hilfestellungen für ihre Unterrichtsstunde geben. Dabei würde ich weiterhin Aspekte einbringen, die mir besonders wichtig sind, wie beispielsweise die Behandlung einer historischen Quelle im Unterricht.

Zusätzlich habe ich Materialien vorbereitet und verschiedene Schulbücher gesichtet, in denen die Themen, die die Kinder in ihrer Unterrichtsstunde vorstellen sollten, gut beschrieben sind. Viele dieser Bücher enthalten bereits Quellen, sodass die Schülerinnen nicht stundenlang im Internet recherchieren oder sich in unwichtigen Details verlieren müssen. Stattdessen haben sie eine solide Basis, die genau das abdeckt, was mir inhaltlich besonders wichtig ist. So können sie sich nicht im Stoff „verlaufen“ und sich besser auf das Wesentliche konzentrieren.
Durchführung im Unterricht
Nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren und wir thematisch so weit waren, dass wir mit dem Projekt beginnen konnten, startete es schließlich. Ich erklärte den Schülerinnen zunächst, was ich vorhabe und was ihre Aufgabe ist.
Zuerst besprachen wir den Erwartungshorizont, und ich stellte ihnen die verschiedenen Projektthemen vor. Dazu gehörten beispielsweise Ereignisse aus dem Verlauf des Ersten Weltkriegs, wie der Kriegseintritt der USA oder der Versailler Vertrag. Die Schülerinnen arbeiteten in Fünfergruppen und hatten insgesamt fünf Stunden Zeit, um ihre Unterrichtsstunde vorzubereiten.
Am Ende sollte jede Gruppe eine 45-minütige Unterrichtsstunde halten – also eine klassische Schulstunde. Dabei war es wichtig, dass jede Schülerin in einem gewissen Maß zu Wort kommt. 45 Minuten boten ausreichend Zeit, damit alle Gruppenmitglieder aktiv mitwirken konnten. Zudem ließ sich gut beobachten, wie sicher sie im Thema waren, wie souverän sie vor der Klasse agierten und inwiefern sie ihren Mitschülerinnen als Unterstützung dienten.
Die Präsentation der Stunde
Nach der Vorbereitung der einzelnen Unterrichtsstunden ging es nun los mit den Präsentationen. Wichtig war hierbei, dass die Schülerinnen vorab das Material abgegeben hatten, das ich kopieren sollte. Zudem hatten sie bereits einen WLAN-Code erhalten, da viele in ihrer Stunde ein Kahoot-Quiz spielen wollten.
Die Präsentationen liefen insgesamt gut. Es gab einige Verschiebungen, da immer wieder Schülerinnen krank waren, aber es war schön zu sehen, wie die Kinder gemeinsam vor der Klasse agierten. Einige haben sich besonders positiv hervorgetan – sie übernahmen die Führung, organisierten die Stunde souverän und traten vor der Klasse unerwartet selbstbewusst auf. Das hat mich sehr gefreut!
Auch das Zeitmanagement der Gruppen lief gut. Wenn eine Gruppe merkte, dass die Zeit nicht mehr ausreichte, um einen weniger wichtigen Punkt zu behandeln, beendete sie die Stunde an dieser Stelle spontan. In der Fähigkeit, flexibel zu reagieren und gemeinsam gute Entscheidungen zu treffen, haben sich viele Gruppen positiv hervorgetan.
Eine Sache, die mir während der Umsetzung aufgefallen ist und die ich beim nächsten Mal anders machen möchte, betrifft die Aktivierung der Schülerinnen. In meinen Augen gab es zu viel Frontalunterricht. Zwar haben viele ein Kahoot-Quiz eingebaut, was für etwas Interaktion sorgte, aber mir hätte es besser gefallen, wenn die Klasse insgesamt stärker einbezogen worden wäre. Besonders ein durchdachter Einstieg hatte in vielen Gruppen noch gefehlt.
Manche Gruppen haben das dennoch schon sehr schön umgesetzt, zum Beispiel mit einer Mindmap. Es war spannend zu sehen, wie sehr die Kinder diese Methode mögen – das war mir vorher gar nicht so bewusst. Diese Methode werde ich für meinen eigenen Unterricht mitnehmen. Andere Gruppen hatten jedoch kaum eine richtige Einführung in ihr Thema, was ich beim nächsten Mal stärker in der Vorbereitung betonen möchte.
Reflexion
Damit das Projekt nicht einfach mit dem Ende der Präsentationen abgeschlossen ist, sollten die Schülerinnen es noch einmal reflektieren. Mir ist wichtig, dass sie sich Gedanken darüber machen: Was lief gut? Was lief weniger gut? Wie habe ich mich selbst bei der Präsentation verhalten? Was haben andere gut gemacht, was ich für mich übernehmen kann?

Hier war ich sehr positiv überrascht. Die Mädchen reflektierten sehr ausführlich und tiefgehend – das hat mich gefreut. Besonders beeindruckt hat mich, wie selbstkritisch viele waren und wie gut sie nicht nur sich selbst, sondern auch die anderen Gruppen analysiert haben. Dass sie das so ernst genommen haben, hätte ich von einer neunten Klasse in der Hochphase der Pubertät nicht unbedingt erwartet.
Fazit
Mir persönlich hat das Projekt echt Freude gemacht, denn es war schön, die Mädels einmal in einer anderen Rolle zu sehen. Es gab echt einige Überraschungen, bei denen ich nicht gedacht hätte, dass sie so toll vor der Klasse agieren oder eine so tolle Führung übernehmen. Persönlich würde ich das Projekt gerne in dieser Klasse, einer neunten Realschulklasse, noch einmal durchführen – eventuell die Stellschrauben ein wenig ändern, auch an den Stellen, an denen die Schülerinnen in der Reflexion gesagt haben, dass sie es anders machen würden. Während mein Endschluss einer Wiederholung feststeht, sind sich die Schülerinnen dagegen noch etwas uneinig, was eine erneute Unterrichtsplanung betrifft. Das Projekt hat viele von ihnen auf eine neue, möglicherweise auch unbekannte Art und Weise gefordert, die sie vorher noch nicht kannten.
Ansonsten hatte ich den Eindruck, dass künstliche Intelligenz zwar auch genutzt wurde, aber eher in der kreativen Phase. Die Kinder haben viel mit dem Buch gearbeitet, sich die Kahoot-Fragen überlegt, die Präsentationen für die Stunde selbst erstellt und KI eher als Hilfestellung genutzt. Das finde ich vollkommen in Ordnung. KI kann helfen – tut sie ja auch in unserem Lehreralltag. Aber sie soll nicht die Präsentation erstellen, die anschließend vor der Klasse gehalten wird.
Title: Heute unterrichten wir! Schülerinnen konzipieren ihren Unterricht
URL: https://www.kms-bildung.de/2025/04/04/heute-unterrichten-wir-schuelerinnen-konzipieren-ihren-unterricht/
Source: KMS-Bildung
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Date: April 4, 2025 at 06:44AM
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