Informatikunterricht: Deutschland abgehängt in Europa?

Informatikunterricht: Deutschland abgehängt in Europa?

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optisch über eine runde Form verzerrter Binärcode in mehereren Reihen

ESSEN. Deutschland verliert laut einem aktuellen Policy Paper des wirtschaftsnahen Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft e.V. zunehmend den Anschluss bei der informatischen Grundbildung. Informatik friste in vielen deutschen Bundesländern ein „Nischendasein im Wahlbereich“.

Informatik müsse deutschlandweit zu einem Pflichtfach für alle Kinder der Sekundarstufe I werden. So lautet eine Kernforderung aus dem aktuellen Policy Paper des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft e.V. und der Heinz Nixdorf Stiftung „Informatikunterricht: Deutschland abgehängt in Europa“. Gemeinsam waren Felix Suessenbach, Eike Schröder und Mathias Winde in einer internationalen Vergleichsstudie der Frage nachgegangen, was Deutschland und insbesondere seine Bundesländer in Bezug auf Angebot und Ausgestaltung des Informatikunterrichts von anderen europäischen Ländern unterscheide.

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Nach Ansicht von Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung sollte es nicht möglich sein, in Deutschland die Schule ohne informatische Grundbildung zu verlassen. Foto: geralt / Pixabay (P. L.)

Nach wie vor könnten Schülerinnen und Schüler die Schule ohne informatische Grundkenntnisse verlassen. Im europäischen Vergleich bilde Deutschland mit acht weiteren Ländern damit die Schlussgruppe. 28 europäische Länder böten dagegen Informatik als Pflichtfach an, neun davon ab der Grundschule. In drei Ländern erstrecke sich das Pflichtfach Informatik über die gesamte Schullaufbahn, von der ersten Klasse bis zur Hochschulreife. Sechs weitere Länder böten das Pflichtfach ab der dritten oder vierten Klasse bis mindestens zum Ende der Sekundarstufe I an.

Keines der deutschen Bundesländer gehöre zu dieser „Spitzengruppe“. Deutschlands Spitzenreiter im Angebot des Informatikunterrichts sind dem Paper zufolge Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Sie hätten wie sieben andere europäische Länder ein eigenständiges Pflichtfach von der 5. Klasse bis Ende der Sekundarstufe I.

Zwar wollten Schleswig-Holstein, Saarland und Niedersachsen ab dem Schuljahr 2023/24 nach und nach Informatik flächendeckend als Pflichtfach einführen und auch Hamburg wolle ab dem Schuljahr 2024/25 nachziehen. Trotzdem drohe Deutschland im europäischen Vergleich weiter zurückzufallen. „Der IT-Fachkräftemangel ist überall spürbar. Die Lage wird sich in den nächsten Jahren noch weiter zuspitzen. Wir können es uns nicht leisten, dass Kinder ohne informatische Kompetenzen die Schule verlassen“, bezieht Volker Meyer-Guckel, angesichts der Daten eine eindeutige Position. „Wir müssen verstehen, dass informatische Kompetenzen zur Allgemeinbildung gehören.“, so der Generalsekretär des Stifterverbandes. Nur mit einer entsprechenden Ausbildung könne die digitale Welt gestaltet werden. Deshalb müsse Informatik als Pflichtfach in allen Bundesländern für alle Schulformen der Sekundarstufe I eingeführt werden.

Seit dem Jahr 2017 hätten rund ein Drittel der europäischen Länder ein Pflichtfach Informatik von mehr als zwei Jahren eingeführt, etwa die Schweiz, Tschechien, Lettland oder Litauen. Der Anteil liege aktuell bei 46 Prozent. In Deutschland habe sich ein solches Angebot von einem auf zwei Bundesländer erhöht. Nur Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen böten ein Pflichtfach Informatik an, dass sich über mehr als zwei Schuljahre erstreckt.

„Unsere Nachbarländer machen es uns vor. Frankreich und Österreich haben seit 2017 ein Pflichtfach Informatik eingeführt; die Schweiz hat ihren Informatikunterricht sogar auf acht Jahre ausgeweitet”, mahnt Horst Nasko, Vorstand der Heinz Nixdorf Stiftung. Schülerinnen und Schüler mit verbindlicher Informatiklehre könnten nachweislich die besten digitalen und informatischen Kompetenzen vorweisen. Darüber hinaus sei ein flächendeckendes Pflichtfach Informatik die beste Voraussetzung für Geschlechter- und Chancengerechtigkeit.

Die größten Hürden bei der Einführung eines Pflichtfachs Informatik sehen die Autoren in der Eingliederung in die Stundentafeln, die Aus- und Fortbildung einer ausreichenden Zahl von Informatiklehrkräften und in der Bereitstellung der geeigneten IT-Infrastruktur. Die deutschen Kultusministerien stünden vor einer großen Herausforderung. Aber eine immer größer werdende Zahl europäischer Länder wie das Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zeigten, dass deren Bewältigung möglich sei und für die Schülerinnen und Schüler einen großen Gewinn bedeute. (zab, pm)

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January 22, 2023 at 08:52AM