„Kekius Maximus“: Das rechtsextreme Signal hinter dem Musk-Namen

Superreiche, die rechtsextremes Gedankengut verbreiten – wieder und wieder. Milliardäre wie Elon Musk und Peter Thiel halten mit ihren politischen Ansichten nicht hinterm Berg, im Gegenteil. Und doch kann ein erheblicher Teil etablierter Medien (im Übrigen nicht nur in Deutschland) nicht damit aufhören, die politische Ausrichtung dieser Männer als Mysterium zu umschreiben, auch wenn die Belege für ihre rechtsextreme Gedankenwelt eindeutig sind. Ein aktuelles Beispiel: Elon Musk hatte seinen Namen kurzzeitig auf Twitter in “Kekius Maximus” geändert. Gleichzeitig änderte er auch sein Profilbild kurzzeitig zu einem in eine römischer Militärrüstung gekleideten Frosch. 

Als jemand, der weder ständig online ist, zum Thema Rechtsextremismus forscht oder sich als Politikjournalist mit dem Thema auseinandersetzt, dürfte man in der Tat ratlos auf dieses neue Profil blicken. Aufgabe von Journalist*innen ist es allerdings zu dechiffrieren, was der reichste Mann der Welt seinen Fans auf Twitter mit dieser neuen Selbst-Präsentation sagen wollte. Stattdessen fehlten anfänglich in der Berichterstattung die dezidiert rechtsextremen Referenzen, die Musk mit dieser Änderung bedient: In einem deutschsprachigen Medium war beispielsweise die Rede davon, dass Musk mit der Namens- und Bildänderung “so etwas wie Selbstironie” beweise, während die BBC schrieb, Musk habe “Spekulationen ausgelöst” – als sei nicht eindeutig, welche Botschaft Musk damit senden will. 

Musk nutzt rechtsextreme Symbole

Beginnen wir bei “Kekius Maximus”: Der Name ist eine Kombination von “Maximus Decimus Meridius”, dem von Russell Crowe verkörperten Protagonisten aus dem Film “Gladiator” und des Internet Slang-Terminus’ “Kek”. Die Bezeichnung “Kek” hat in Kreisen der Alt-Right seit 2017 an Popularität gewonnen, nachdem der Youtuber Carl “Sargon of Akkad” Benjamin – ein britischer Rechtsextremist, der 2018 für die UKIP-Partei bei der Europawahl angetreten war und der Labour Abgeordneten Jess Philipps gesagt hatte, “ich würde dich nicht mal vergewaltigen” – den Begriff aufgegriffen hatte. Carl Benjamin aka “Akkad” ist ein notorischer Online-Troll, der während der sexistischen Hetzkampagne “Gamergate” zum Star rechtsextremer Online-Kreise wurde. Während sein Twitter-Account 2019 gesperrt worden war, hob Musk die Sperre 2022 nach seinem Kauf von Twitter wieder auf.

“Kek” – rechtsextreme Parodie-Religion

“Kek” wird von Rechten als Ausruf und Schlagwort gebraucht. Um den Begriff entspann sich in rechtsextremen Online-Kreisen schnell eine Art Parodie-Religion um den fiktiven Gott “Kek”, halb ironisch, halb ernst gemeint – und gleichzeitig ein Mittel, um alle, die links von Rechtsextremen stehen, zu trollen. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Gamer-Community von “World of Warcraft”, wo er synonym mit “LOL” verwendet wurde. Von dort fand er den Weg über 4chan in das Vokabular der “Alt-Right”. Zufälligerweise gibt es eine Gottheit des antiken Ägyptens namens „Kek“ – ein Gott des Chaos und der Finsternis. Der alt-ägyptische “Kek” war androgyn, konnte konnte also auch in männlicher oder weiblicher Gestalt auftreten. In seiner männlichen Form wurde “Kek” mit dem Kopf eines Froschs dargestellt. Begeistert über diesen Zufall, eignete sich die “Alt-Right” diese Darstellung an, und setzte als Kopf den Comicfrosch “Pepe the Frog”, der längst zum quasi-offiziellen Maskottchen Rechtsextremer geworden war.

All  das zur Erfindung des bizarren, pseudo-religiösen “Kult von Kek” durch die Alt-Right. “Kek” ist in ihrem Verständnis der Gott von Dunkelheit und Chaos, dem Rechtsextreme ihren Erfolg verdanken würden, und der seine “Magie” durch Memes erwirken soll.

Die Online-Kultur der “Alt-Right”: Zwischen Ironie, Trolling und Hass

In vielerlei Hinsicht ist “Kek” das Paradebeispiel schlechthin für die Online-Kultur der Alt-Right, weil er auf für Außenstehende unverständlich und bizarr wirkt, und in dem von jungen Rechtsextremen gern genutzten, schwammigen Bereich zwischen Ironie und bitterem, brutalem Ernst angesiedelt ist. Das Southern Poverty Law Center fasste diese Vielschichtigkeit 2017 so zusammen: 

“Kek ist gleichzeitig absurd pubertär, grenzüberschreitend und rassistisch, und spiegelt eine tiefere, pseudointellektuelle Absicht wider, die junge Ideologen anspricht, die sich für tiefgründige Denker halten. Kek kann sowohl ein großer Scherz sein, um Liberale auf die Schippe zu nehmen, als auch ein Spiegelbild des Selbstverständnisses der Alt-Right als ernsthafte Akteure des Chaos in der modernen Gesellschaft.”

Die Flagge von “Kekistan” – offene Nazi-Referenz

Die Pseudo-Religion “Kek”, sämtlicher von ihr abgeleiteter Merchandise und Folklore, wie beispielsweise eine “Kekistan”-Flagge, die der Reichskriegsflagge der Nazis ähnelt – das “Kek- Logo ersetzt lediglich das Hakenkreuz, und die Hintergrundfarbe ist froschgrün statt rot. Die Verwendung des Wortes dient gleichzeitig als Erkennungszeichen, Insider-Witz und gefährliches Selbstverständnis.  

Der Frosch aus Musks Profilbild ist eben jener Pepe, ein Comicfrosch, der von der “Alt-Right” im Wahlkampf 2016 zum rassistischen Hass-Symbol gemacht wurde. Es ist kein Zufall, dass sowohl die “Kek”-Referenz, als auch Pepe-Erkennungsmerkmale aus der Hochzeit der “Alt-Right” stammen. Musks Profil-Änderung ist ein nostalgisches Tribut an die Alt-Right-Internet- und Meme-Kultur des Zeitraums um 2017 herum, als die Bewegung sich nicht nur um Trump herum konsolidierte, sondern sich nach dessen Wahlsieg auch mitten im Siegestaumel befand. 

“Alt-Right”, Crypto-Bros und Marktmanipulation

Außerdem ist “Kekius” der Name einer Meme-basierten Crypto-Währung – deren Wert seit Musks Twitter-Profilnamenswechsels zu „Kekius Maximus“ durch die Decke gegangen ist. Bisher ist nicht bekannt, ob Musk selbst Investor der Memecoin ist – es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass er durch die Nutzung seiner Reichweite den Wert von Cryptowährungen beeinflusst hat. Da das Venn-Diagramm von Crypto-Bros, extrem online White Nationalists und anderen Rechtsextremen einige Überlappung aufzeigt, passt auch dieser Aspekt zum Gesamtbild.

Friedensangebot Musks an verärgerte Rechtsextreme

So viel zum inhaltlichen Hintergrund von Musks neuem Profilbild und Twitter-Usernamen – aber auch der Zeitpunkt des Umbenennen seines Profils war relevant. Denn der ist alles andere als zufällig: Musk befindet sich seit etwa zwei Wochen im Clinch mit dem harten rechtsextremen Kern der MAGA-Bewegung. Da hatte er sich nämlich dafür ausgesprochen, hochqualifizierte Fachkräfte per Visum in die USA zu holen, um Silicon Valley global wettbewerbsfähig zu halten, so Musk – was die MAGA-Basis verärgert hatte, die diese Position als Bruch mit Trumps rassistischer, migrationsfeindlicher Politik interpretierte.

Musk und pseudowissenschaftliche “race science”

Man sollte Musks Position jedoch nicht als generell pro-Migration oder gar anti-rassistisch verstehen – das Gegenteil ist der Fall. Musk vertritt, wie einige andere Rechtslibertäre und Rechtsextreme des Silicon Valleys, nur eine andere Spielart des Rassismus der MAGA Basis. Musks Form ist nicht weniger rassistisch, sie kleidet sich nur in pseudowissenschaftliche “race science” und biologistischen Unsinn über den “IQ” verschiedener “races”, illustriert von manipulierten Diagrammen. Musks Position basiert also nicht einmal allein auf “Pragmatismus”, wie man in den letzten Tagen so häufig lesen konnte, sondern steht nicht im Widerspruch zu den rassistischen Vorstellungen, die er in der Vergangenheit geäußert hat.

Musk eskalierte den Konflikt mit rechtsextremen Influencer*innen der MAGA-Szene zunächst weiter. Doch nachdem Donald Trump sich in der Visa-Frage auf die Seite seines milliardenschweren Gönners gestellt hatte, scheint Musk jetzt mit der kurzzeitigen Namensänderung zu „Kekius Maximus“ bemüht, die Wogen zu glätten – jetzt, wo klar ist, dass er das ideologische Ruder von Trumps Präsidentschaft weiterhin in der Hand hat. 

Musk an White Nationalists: ich bin einer von euch

So muss man Musks auf Außenstehende willkürlich und bizarr wirkende Profil-Änderung zu „Kekius Maximus“ verstehen: Als deutliches Signal an die White Nationalists der MAGA-Basis, die er vor kurzem noch vor den Kopf gestoßen und beleidigt hatte. Die Botschaft ist klar – ich bin einer von euch. Der Historiker und Rechtsextremismus-Forscher Seth Cotlar erklärt auf Bluesky:

“Viele der Erfinder dieser Symbole (die sowohl ein Erkennungszeichen für faschistische Politik als auch „nur ein lustiges Meme“ sein sollten, um die Libs zu triggern) geben jetzt in der MAGA-Welt den Ton an.”

Eines von vielen Beispielen für diese Entwicklung ist Jack Posobiec. “Posobiec war 2016 ein rechter D-Listen-Influencer mit vielleicht 40.000 Followern auf Twitter. Heute hat er etwa 2 Millionen Twitter-Follower, war in Trumps ‘War Room’ während der Debatte, und sein faschistisches Buch wurde von JD Vance und Don Jr. gelobt”, analysiert Cotlar. Tatsächlich hat Vance Posobiecs jüngstes Buch, in dem er der amerikanischen Rechten die brutalen Taktiken von Diktatoren wie Mao, Franco und Pinochet, um ihre politischen Gegner zu vernichten – in den höchsten Tönen gelobt. Dabei bezieht Posobiec sich ganz explizit auf politische Gewalt, die er als notwendig und bewundernswert ansieht.

„Kek“ ist Pro-Trump

Im Juli 2024 habe ich auf der “National Conservatism”-Konferenz in Washington, D.C., wo sich der tonangebende MAGA-Kern der Republikanischen Partei und ihres Umkreises traf, Posobiec als prominent platzierten Redner bei einer inhaltlich und rhetorisch durch und durch faschistische Rede erlebt. Er ist einer derjenigen, die die Verwendung von “kek” als Vokabel innerhalb der Alt-Right popularisierten – um das zu überprüfen reicht, wie Cotlar schreibt, eine schnelle Suche auf Posobiecs Twitter-Account:

“Wenn man auf Twitter nach dem Wort „kek“ und dem Account von Jack Posobiec sucht, findet man seit 2020 Hunderte von Ergebnissen, in denen er das Wort „kek“ über eine Geschichte getwittert hat, die eine gute Nachricht für Trump ist.”

Musks Referenzen an die Alt-Right Online-Kultur mit „Kekius Maximus“ von 2016 und 2017 sind nicht nur Zeichen seiner eigenen rasch fortschreitenden Radikalisierung, sondern vor allem ein Versöhnungsangebot an die White Nationalists der Republikanischen Basis, die er vor kurzem noch verärgert hatte. Frei nach dem Motto: Wisst ihr noch, die gute alte Zeit? Die kommt jetzt wieder – und ich bin nicht nur an eurer Seite, sondern einer von euch. Dass dieser Kontext an vielen Stellen in der Berichterstattung fehlt, ist ein Zeichen dafür, dass die Bedrohung durch Musk und seine politische Radikalisierung nach wie vor nicht erkannt wird – oder nicht gesehen werden will.

YouTube player

Artikelbild: Frederic Legrand – COMEO, Screenshot

The post „Kekius Maximus“: Das rechtsextreme Signal hinter dem Musk-Namen appeared first on Volksverpetzer.


Title: „Kekius Maximus“: Das rechtsextreme Signal hinter dem Musk-Namen
URL: https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/kekius-maximus-rechtsextrem-musk/
Source: Volksverpetzer
Source URL: https://www.volksverpetzer.de/
Date: January 4, 2025 at 01:44PM
Feedly Board(s): Verschiedenes