Kirchen in der Energiekrise: Warm anziehen zum Gottesdienst
Kirchen in der Energiekrise
Warm anziehen zum Gottesdienst
Stand: 20.11.2022 07:49 Uhr
Keine Außenbeleuchtung und maximal zwölf Grad Raumtemperatur: Auch die Kirchen müssen Energie sparen. Mancherorts werden Gottesdienste auch zusammengelegt. Das hat auch einen positiven Nebeneffekt.
Sonnenstrahlen spiegeln sich auf den Holzbänken der Kirche St. Josef in St. Ingbert im Saarland. Menschenleer wirkt das neugotische Gotteshaus aus dem späten 19. Jahrhundert noch pompöser als mit Gläubigen. Seit Beginn der Heizperiode werden in der Kirche keine Gottesdienste mehr gehalten. Das Bistum Speyer hatte bereits im August eine Handlungsempfehlung herausgegeben, die einzelne Pfarreien dazu anhält, über Energiesparkonzepte nachzudenken. Unter anderem wird empfohlen, Kirchen von außen nicht mehr zu beleuchten.
Teil der Empfehlung ist auch pro Pfarrei nur noch ein einziges Gotteshaus zu heizen, mit einer Maximaltemperatur von zwölf Grad Celsius. Alle anderen Kirchen sollen so weit abkühlen, dass gerade noch keine Frostschäden entstehen. Als Richtwert gelten sechs Grad Celsius.
Eine statt sieben Kirchen
Eine ähnliche Handlungsempfehlung kommt vom Bistum Trier. Dort sollen noch maximal zwei Kirchen beheizt werden. In einzelnen Gemeinden setzt man auf ein rollierendes System, so dass die Kirchen wechselnd beheizt werden. Sonst, so die Befürchtung, würde man auch nicht mehr alle Gemeindemitglieder erreichen. Andere Pfarreien haben die Gottesdienste ins Pfarrheim oder in die Sakristei verlegt, weil das Heizen dort weniger Energie kostet. Den Gottesdienstbesuchern wird grundsätzlich empfohlen, sich warm anzuziehen.
In der Pfarrei Heiliger Ingobertus in St. Ingbert hat die Vorgabe des Bistums Speyer dazu geführt, dass Pfarreienrat und Verwaltungsrat die Gottesdienste aus sieben Kirchen, zu denen auch die Josefskirche gehört, zusammengelegt haben, in eine einzige – die Alte Kirche St. Engelbert in der Fußgängerzone. Sie ist die älteste und bei den Gläubigen am meisten akzeptierte in der Pfarrei, sagt Pfarrer Daniel Zamilski. Außerdem liege sie zentral und sei von allen Seiten gut zu erreichen.
Einsparungen waren überfällig
Was aus der Not geboren wurde, ist in vielen Pfarreien allerdings längst überfällig. Die Einnahmen durch die Kirchensteuern gehen seit Jahren zurück. Auch ohne den Krieg in der Ukraine und die Energieknappheit haben sich die Bistümer harte Sparkurse auferlegt. So hat die Pfarrei Heiliger Ingobertus in St. Ingbert in diesem Jahr ein Gebäudekonzept verabschiedet, wonach auch in naher Zukunft sonntags nur noch zwei Kirchen genutzt werden. Auch viele Pfarrheime sollen geschlossen bleiben. Mittelfristig will sich die Pfarrei zusätzlich von einigen Gebäuden trennen – sogar von Kirchen.
Die wirtschaftlichen Gründe für das Zusammenlegen von Gottesdiensten liegen auf der Hand. Pfarrer Zamilski ergänzt, dass es daneben aber auch ökologische Beweggründe für das Sparen gebe. Die Kirche nehme für sich in Anspruch, die Schöpfung zu bewahren. Auch deswegen könne sie nicht so weitermachen wie bisher und müsse in Zukunft ressourcenschonender arbeiten.
Weniger und dafür vollere Kirchen
Auch wenn in den verantwortlichen Räten nicht alle glücklich mit den Plänen sind: Über die Notwendigkeit sind alle einig. Und wie kommt das alles bei den Gläubigen an, die für ihren Kirchgang jetzt unter Umständen deutlich längere Fahrtwege auf sich nehmen müssen? Die Kirchgänger bringen insbesondere für die Energiesparmaßnahmen großes Verständnis auf, beobachtet Pfarrer Zamilski. Zwar blieben die Gottesdienstbesucher an Werktagen nun lieber mal daheim. Das sei aber sowieso nur eine kleine Gruppe. An Sonn- und Feiertagen dagegen nähmen die Gläubigen gerne ein paar Meter mehr in Kauf, um den Gottesdienst zu besuchen.
Schließlich sieht Zamilski in der Zusammenlegung der Gottesdienste auch einen ganz entscheidenden Vorteil – und der wiegt möglicherweise sämtliche Nachteile auf. Nämlich, dass die Kirchen, die offen bleiben, jetzt wieder voller sind. In der Kirche feiere man ja eigentlich immer die Kommunion, was nichts anderes als Gemeinschaft bedeute. Diese Gemeinschaft entstehe jetzt wieder, wenn sonntags nicht kleine Grüppchen verstreut in vielen Kirchen, sondern wieder 200 Leute gemeinsam in einer Kirche singen.
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November 20, 2022 at 07:56AM