Kritik am Handy-Verbot: Experten sehen Zukunftskompetenzen gefährdet

MÜNCHEN. Mit klaren Worten wendet sich das JFF – Institut für Medienpädagogik gegen diskutierte Smartphone-Verbote an Schulen. Pauschale Einschränkungen verhinderten wichtige Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten junger Menschen, so die Botschaft des veröffentlichten Positionspapiers. Die Medienpädagogikexpert*innen warnen: Medienbildung müsse gestärkt, nicht eingeschränkt werden.

Das JFF – Institut für Medienpädagogik warnt vor Smartphone-Verboten und deren Folgen. Symbolfoto: Shutterstock/Krakenimages.com

Das JFF – Institut für Medienpädagogik spricht sich in seinem nun veröffentlichten Positionspapier klar gegen ein grundsätzliches Verbot von mobilen Endgeräten, vor allem Smartphones, im Unterricht aus. Verbote hätten sich bislang eher selten „als gelingende pädagogische oder erzieherische Strategie erwiesen“, heißt es darin. Und weiter: „Verbote können Menschen schützen. Ganz zentral dabei ist, dass geklärt ist, wer wen vor was schützt. Schützen wir bestimmte Altersgruppen vor Inhalten, die sie möglicherweise gefährden oder schützen wir sie vor sich selbst, weil wir ihnen das Recht der (Mit)Gestaltung absprechen?“

Potenzial der Medienpädagogik

Ein undifferenziertes Verbot von mobilen Endgeräten und Inhalten auf digitalen Plattformen berge nach Ansicht der JFF die Gefahr, dass Zukunftskompetenzen auf der Strecke bleiben. „Wir müssen insbesondere junge Menschen darin bestärken, ihre Gestaltungsfähigkeiten in und mit Medien zu entwickeln“, betont Kathrin Demmler, Direktorin des JFF. Es gehe darum, dass Kinder und Jugendliche lernten, Veränderungen aktiv und konstruktiv zu begegnen, Probleme zu lösen, flexibel zu handeln und selbstständig zu agieren. Die Medienpädagogik eröffne dafür vielfältige Möglichkeiten. „Verbote laufen dieser pädagogischen Zielsetzung vollkommen entgegen.“

Statt eines Smartphone-Verbots an Schulen fordert das JFF daher geschützte Online-Räume für unterschiedliche Altersgruppen. „So werden die Potenziale von Social Media genutzt und die medialen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen ernstgenommen“, heißt es dazu im Positionspapier. Nach Ansicht des Instituts braucht es dafür:

  • eine „Stärkung der Fachdisziplin Medienpädagogik, um Bildungsorte flächendeckend zu unterstützen“
  • früh ansetzende und strukturell verankerte Medienbildung,
  • eine enge und individuell angepasste Begleitung von Eltern und Fachkräften,
  • „fundiertes Wissen über Medienangebote, Risiken und Chancen,
  • Verstetigung innovativer Ansätze in Demokratieförderung und Radikalisierungsprävention,
  • klare Verantwortungsübernahme durch Plattformen“ sowie
    eine „lebenslange Förderung von Medienkompetenz“.

„Ein reflektiertes Zusammenspiel aus privater und lernorientierter Nutzung (von Online-Medien und Endgeräten) ist zielführend“, so das JFF. Bildungsorte müssten Lern- und gleichermaßen auch Lebensräume für Kinder und Jugendliche sein und somit an der Lebenswelt dieser ansetzen. Im Falle von Verboten sei es notwendig, diese pädagogisch zu flankieren – und „sich umso mehr mit dem Angebot und den Nutzungsmotiven auseinanderzusetzen“. Dass dies allerdings in ausreichendem Maße passieren wird, daran zweifelt das JFF.

Mehr Medienkompetenzförderung in Aussicht gestellt

Und tatsächlich bleibt die Landesregierung, die aktuell das weitreichendste Smartphone-Verbot an Schulen plant, Informationen dazu schuldig. Ab dem kommenden Schuljahr sollen in Hessen folgende „klar definierte, altersgerechte Schutzzonen“ gelten:

  • „Die private Verwendung von mobilen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler im Schulgebäude und auf dem Schulgelände ist grundsätzlich unzulässig. Das Mitführen ist gestattet.
  • An weiterführenden Schulen (Sekundarstufe I und Sekundarstufe II) können Ausnahmeregelungen zur privaten Nutzung für definierte Bereiche in der Schulordnung getroffen werden. Dies können beispielsweise Räumlichkeiten für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sein. Für Grundschulen ist eine private Nutzung nicht vorgesehen.
  • Zulässig in allen Jahrgangsstufen ist die Verwendung mobiler digitaler Endgeräte zu unterrichtlichen Zwecken, ausschließlich, wenn die Lehrkraft oder die Schule dies gestattet. Hierbei geht es beispielsweise um Unterricht in der Medienbildung.
  • Eine private Nutzung ist nur in begründeten Einzelfällen zulässig, zum Beispiel, wenn dies aus medizinischen Gründen erforderlich ist oder im Notfall.
  • Bei unzulässiger Verwendung kann das private digitale Endgerät vorübergehend, in der Regel bis zum Ende des Unterrichtstages, einbehalten werden. So ist gewährleistet, dass beispielsweise digitale Bustickets für den Heimweg verwendet werden können.“

Eine entsprechende Novelle des Schulgesetzes haben die Regierungsfraktionen von CDU und SPD in den Landtag eingebracht (News4teachers berichtete). „Unsere Schulen müssen geschützte Räume sein, in denen unsere Kinder und Jugendlichen frei von Ablenkung und Ängsten lernen können. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media weiter negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt“, begründete Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) den Schritt. Er kündigte zudem an, das geplante Verbot inhaltlich zu begleiten und die Medienkompetenzförderung an den Schulen auszuweiten. Wie er das in der Praxis jedoch umsetzen will – mit externer Unterstützung, zusätzlichen Fachkräften oder Entlastung der Lehrkräfte an anderer Stelle –, ist noch offen. News4teachers

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Date: April 30, 2025 at 01:44PM
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