In seiner Rede vor der Stiftung „Centesimus Annus Pro Pontifice“ hat Papst Leo XIV. an diesem Samstagvormittag die Bedeutung der Soziallehre der Kirche als Weg der Reflexion und des Dialogs unterstrichen. Im Zentrum stand seine Ermutigung, das kirchliche Lehramt nicht als starr, sondern als lernfähig, offen und dialogbereit zu verstehen – ein Beitrag zur Erneuerung von Glaube und Gesellschaft.
Mario Galgano – Vatikanstadt
An diesem Samstag, 17. Mai 2025, wandte sich Papst Leo XIV. an die Mitglieder der vatikanischen Stiftung „Centesimus Annus Pro Pontifice“. Das Jahrestreffen stand unter dem Thema „Polarisierungen überwinden und globale Governance neu gestalten: Ethische Grundlagen“ – ein Thema, das den Papst zur Kernbotschaft seiner Rede führte: das Verständnis des Lehramts als offener, gemeinsamer Erkenntnisweg.
„Vielleicht denken wir bei ‚Lehramt‘ an starre Regeln, die man nicht hinterfragen darf“, so Leo XIV. Doch das sei ein Missverständnis: „Jede Lehre ist das Ergebnis von Forschung, Hypothesen, Erfolgen und Irrtümern – und strebt systematische, verlässliche Erkenntnis an.“ Ein echtes Lehramt lasse Kritik zu, höre auf neue Stimmen und scheue sich nicht vor Wandel: „Indoktrinierung ist unmoralisch.“

Die Audienz im Vatikan (@Vatican Media)
In diesem Zusammenhang warnte Leo XIV. auch vor mangelndem Dialog in einer Zeit lauter Meinungen, Desinformation und ideologischer Verhärtung. Die Soziallehre der Kirche sei ein Wegweiser, um Wissenschaft und Gewissen, Spiritualität und Gesellschaft zusammenzubringen. Besonders wichtig sei, so der Papst, „den Armen das Wort zu geben“: Sie seien keine passiven Empfänger, sondern aktive Träger und Gestalter der kirchlichen Sozialethik.
Centesimus Annus – von Leo XIII. bis heute
Die Stiftung „Centesimus Annus Pro Pontifice“ wurde 1993 von Johannes Paul II. ins Leben gerufen – benannt nach seiner gleichnamigen Enzyklika, die zum 100. Jahrestag der bahnbrechenden Sozialenzyklika „Rerum novarum“ (1891) von Papst Leo XIII. erschien. Während Leo XIII. mit „Rerum novarum“ auf die soziale Frage in der Industrialisierung reagierte – zugunsten der Rechte der Arbeiter und im Sinne eines gerechten Ausgleichs zwischen Kapital und Arbeit –, aktualisierte Johannes Paul II. 1991 diese Impulse angesichts neuer globaler Herausforderungen.
Leo XIV. sieht sich in dieser Tradition. Er verbindet die Fundamente katholischer Sozialethik mit den „Polykrisen“ der Gegenwart – Kriege, Migration, Klimawandel, soziale Unsicherheit – und ruft dazu auf, das Lehramt als offenen, geistvollen Dialogprozess zu verstehen, der Orientierung gibt, ohne starr zu sein.
Seine abschließende Einladung an die Stiftung ist deutlich: „Beteiligen Sie sich aktiv und kreativ an der Weiterentwicklung der Soziallehre – gemeinsam mit dem Volk Gottes.“
(vatican news)
Title: Leo XIV.: „Das Lehramt ist ein gemeinsamer Weg zur Wahrheit“
URL: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2025-05/papst-leo-xiv-audienz-centesimus-annus-stiftung-lehramt-wahrheit.html
Source: Vatican News – Deutsch
Source URL: https://www.vaticannews.va/de.html
Date: May 17, 2025 at 10:49AM
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