Die katholischen Bischöfe ignorieren den Ratschlag ihres eigenen Betroffenenbeirats. Außerdem: Mangelnde Strafverfolgung und eine prämierte Predigt, die inspiriert.
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Die deutschen römisch-katholischen Bischöfe hatten viele Themen zu besprechen bei ihrer Herbstvollversammlung in Wiesbaden: eine Reflexion des „Synodalen Weges“ und die Finanzierung seiner Fortsetzungsgremien gehörte dazu, die anstehende Weltsynode in Rom, Fragen von sexuellem und geistlichen Missbrauch sowie das besorgniserregende Erstarken der AfD vor mehreren wichtigen Landtagswahlen. Der Apostolische Nuntius Nikola Eterović präsentierte in seinem Grußwort eine Blütenlese verschiedener päpstlicher Äußerungen, nach denen eine „ideologische Kolonisierung einschließlich der Gender-Ideologie abzulehnen“ sei.
Von Reaktionen der „Vollversammelten“ ist nichts bekannt, der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer beklagt jedoch, die Worte von Eterović hätten Entsetzen ausgelöst, „nicht nur bei Menschen, die sich persönlich zutiefst getroffen fühlen, weil sie sich einmal mehr von einem Repräsentanten der katholischen Kirche ausgegrenzt und diffamiert fühlen müssen“.
Auch von theologischer Seite gibt es Widerspruch: Der Mainzer Alttestamentler Thomas Hieke plädiert in einem Interview mit katholisch.de für einen differenzierten Blick auf die Schöpfung und „gegen eine engführende Ideologie, die die Bibel und ihre Autorität missbraucht, um Menschen auszugrenzen“. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Innsbruck hat kürzlich den Sammelband „Körper:Gender:Sexualität als Chance für die Theologie“ veröffentlicht. Ob es dem Nuntius gelingt, sich das Open Access Dokument einmal herunterzuladen?
Als sich die Frau des ungarischen Gesandten einmal bei Otto von Bismarck über die vielen Wörter beschwerte, die im Deutschen von ähnlicher oder gleicher Bedeutung sind, etwa „gesandt“ und „geschickt“, soll der deutsche Reichskanzler geantwortet haben, ihr Mann sei ein Gesandter und kein Geschickter.
Eine gute Woche wünscht
Ihr Thomas Wystrach
Debatte
Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, hatte in seinem Pressestatement zu Beginn der Vollversammlung am Montag gesagt, das derzeitige Verfahren der Anerkennungszahlungen für Missbrauchsopfer sei nach seiner Überzeugung dazu geeignet, „gut und befriedend“ zu wirken. Diese Äußerungen stießen auf vehemente Kritik von Betroffenen: „Wenn Bätzing von einer Befriedung spricht, dann ist das eine erneute Negierung der aktuellen Situation der Betroffenen“, so der Sprecher des Betroffenenbeirats, Johannes Norpoth, gegenüber der FAZ. Das derzeitige Verfahren produziere „Resignation und eine Klagewelle“. Norpoth wirft den Bischöfen vor, in dem am Donnerstag veröffentlichten Abschlussbericht zur DBK-Vollversammlung wesentliche Aspekte des Vorschlags des Betroffenenrates ignoriert zu haben.
Im Januar 2024 sollte außerdem der neue Sachverständigenrat der Deutschen Bischofskonferenz zum Schutz vor sexuellem Missbrauch seine Arbeit aufnehmen. Doch auch dieses Projekt verzögert sich, berichtet die FAZ.
Das Verfahren, mit dem die römisch-katholische Kirche in Deutschland Missbrauchsbetroffenen Geldleistungen „in Anerkennung des erlittenen Leids“ zuerkennt, ist schneller als ein langwieriger Streit um Schadensersatz und Schmerzensgeld vor Gericht. Doch auch wenn die Anträge mit Blick auf die Beweislast eher niedrigschwellig sind, ist das Verfahren für viele Betroffene zu belastend. Dass die Bischöfe die Reformvorschläge des Betroffenenbeirats ohne überzeugende Gründe ausgeschlagen haben, kritisiert Felix Neumann in seinem „Standpunkt“ bei katholisch.de:
Ein Verfahren, das Retraumatisierungen möglichst reduzieren will und die antragstellenden Betroffenen stärker und unabhängig unterstützt, hat mit der Höhe des Leistungsniveaus nichts zu tun. Die Vorschläge des Betroffenenbeirats waren maßvoll und pragmatisch, und vor allem: aus der Erfahrung der Betroffenen selbst gespeist – genau dafür haben sich die Bischöfe eigentlich einen Beirat zur Seite gestellt. Der Beirat hat seine Aufgabe erfüllt. Den Rat umzusetzen, wäre die Aufgabe der Bischöfe gewesen.
Beim Umgang mit „geistlichem Missbrauch“ stehe die Kirche erst am Anfang von Aufklärung und Aufarbeitung, betont Bischof Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) im Vorwort einer umfangreichen Arbeitshilfe (PDF) zu diesem Thema, die in Wiesbaden vorgestellt wurde.
nachgefasst
Am 14. Februar wurde die Studie zur „Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen“ (PDF) veröffentlicht. Damals zeigte sich Bischof Franz-Josef Overbeck „betroffen“ davon, „wie sehr die Strukturen seines Bistums sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten begünstigt“ hätten (vgl. auch die #LaTdH vom 19. Februar). In der Einleitung der Studie wird der „konstruktive Dialog zwischen Vertretern des Bistums Essen und dem IPP“ gelobt, „der dem Zweck einer möglichst präzisen Schärfung des Forschungsauftrages diente“. Der frühere Bischof Franz Kardinal Hengsbach habe „als konservativ und volksnah“ gegolten, heißt es lapidar. Aus „Interviews mit Zeitzeug*innen und Betroffenen“ hätten sich in Bezug auf den 1991 verstorbenen Oberhirten „keine Hinweise auf Tatverschleierungen oder aktiven Täterschutz“ ergeben, „die über das zeittypische Verhalten von Verantwortlichen in der katholischen Kirche hinausgehen“. Auch eine parallel beauftragte Rechtsanwaltskanzlei hatte dem Ruhrbistum „ein Höchstmaß von Kooperation und Transparenz in Bezug auf die Zugänglichkeit vorhandenen Aktenmaterials“ bescheinigt.
Als vor anderthalb Wochen erstmals auch Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach bekannt wurden, sprach Daniel Deckers in der FAZ bereits von einem „Verdacht, den die Kirche nicht wahrhaben wollte“ (vgl. #LaTdH vom 24. September). Nach Recherchen von WDR und NDR steht inzwischen sogar die Frage im Raum, ob das Bistum Essen bewusst Hinweise von Betroffenen zu Kardinal Hengsbach zurückhielt, als es den Wissenschaftlern vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) Zugang zu den Akten gewährte. Der Psychologe Dr. Peter Caspari, einer der Autoren der Studie, gibt sich dem WDR gegenüber merkwürdig entspannt:
Uns werden so häufig Informationen vorenthalten. (…) Vielleicht hat Bischof Overbeck den Missbrauchs-Vorwurf schlicht vergessen, vielleicht hielt er ihn im Zusammenhang mit unserer Studie für nicht wichtig. (…) Alles ist möglich – aber über die Motive des Bistums möchte ich mir kein Urteil erlauben.
Die Bundeskonferenz der Betroffenenbeiräte in der römisch-katholischen Kirche hat Overbeck aufgefordert, nicht als deutscher Delegierter zur bevorstehenden Weltsynode zu fahren, sondern bei der Aufarbeitung in seinem Bistum mit Betroffenen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.
Nach dem raschen Entfernen des Denkmals von Kardinal Hengsbach in Essen, gegen den Vorwürfe wegen sexualisierter Gewalt erhoben werden, fordert der Theologe Florian Bock im Interview mit dem Domradio eine umfassende Aufarbeitung, die breit aufgestellt sein müsse. In mehreren Städten des Ruhrgebiets wird über eine Umbenennung von Straßen nachgedacht, die den Namen des früheren Oberhirten tragen.
Für Joachim Frank zeigt der Fall Hengsbach „mustergültig, dass Aufarbeitung notwendig unter ihren Möglichkeiten bleibt, wenn die Verantwortlichen selbst Teil des Systems sind“, so der Chefkorrespondent der DuMont Mediengruppe und Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten Deutschlands (GKP) in einem Gastkommentar im Deutschlandfunk:
Eine lernende Kirche muss eine Kirche sein, die Missstände aus der Welt schafft und nicht nur Denkmäler ins Depot.
In seinem Beitrag in „Tà katoptrizómena“, dem Online-Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik, sieht Andreas Mertin die „eilfertige Entfernung“ der Statue von Kardinal Hengsbach als „neueste Form des religiösen Ikonoklasmus“ und unterstellt, das Domkapitel habe gehofft, mit der Skulptur auch die Erinnerung an die Abgründe ihres Gründerbischofs loswerden zu können. Besser wäre es gewesen, das Denkmal stehen zu lassen, um „in der vorhandenen Gestalt des Werks das kritische Potential freilegen“ zu können, meint der evangelische Theologe und Medienpädagoge:
Davor aber hatten sie in Essen Angst, dass die Subjekte als kritische vor die Skulptur treten und sich das Anstaunen verkneifen und nach dem Woher und Wozu, nach dem Umraum des Kunstgegenstandes und hier jedenfalls auch nach dem Umraum des Kardinals fragen, das heißt nach den Voraussetzungen, unter denen sein nun konstatiertes Fehlverhalten möglich wurde. Das ist der eigentliche Kern des Konflikts. (…)
Im protestantischen Sinne aufgeklärt wäre es daher, die Skulptur von Kardinal Hengsbach nicht zu entfernen, sondern als Mahnmal gegenüber den an den eigenen Reden und an der eigenen (Schein-)Moral scheiternden Hirten zu kultivieren. Genau das, so könnte man ja sagen, passiert, wenn wir Kleriker zu Vorbildern machen und ihnen eine Machtposition zubilligen, die ihnen evangelisch (hier im Sinne von: vom Evangelium her) nicht zukommt.
Im Oktober-Heft der Stimmen der Zeit macht sich Stefan Kiechle Gedanken darüber, wie man mit „kontaminierten Werken“, also Kunst von Priester-Tätern wie dem Mosaikkünstler Marko Rupnik oder dem früheren Sternsinger-Präsidenten und NGL-Dichter Winfried Pilz, umgehen soll – „keine leichte Unterscheidung der Geister“, so Kiechle, bis 2017 Provinzial der Deutschen Provinz der Jesuiten.
„Manchmal kann sie erstaunlich schnell sein, die katholische Kirche“, spottet Bascha Mika in ihrem Leitartikel in der Frankfurter Rundschau: Kaum habe das Bistum Essen bekannt gemacht, dass der frühere Bischof Hengsbach ein Sexualstraftäter gewesen sei, ließ die Diözese sein Denkmal aus der Öffentlichkeit verschwinden. Dabei wurde die Statue just in dem Jahr aufgestellt, als bereits die ersten Vorwürfe gegen den verstorbenen Kardinal eingingen. Es sei ein beispielloser Skandal, gegen welche kirchlichen Widerstände die Verbrechen aufgedeckt werden müssen:
Nicht nur die Kirche hat hier versagt, auch der Staat. Warum gelingt es den Bistümern noch immer, die Strafverfolgungsbehörden weitgehend herauszuhalten? Wo bleibt das Sicherstellen von Beweisen im Kirchenraum, die Razzien, wenn Straftaten angezeigt werden? Wieso konnten Bischöfe bei Ermittlungen zu Gunsten der Täter intervenieren? Weswegen wurde zugelassen, dass unzählige Fälle bis zur Verjährung verschleppt wurden? Warum also diese verdammte Milde, diese merkwürdige Passivität der Politik gegenüber den klerikalen Verschwörern? Arg viel Komplizenschaft ist da im Spiel.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, es gebe Versäumnisse der Staatsanwaltschaften bei Ermittlungen zu Missbrauchsfällen in der Kirche: „Wir können leider mit den Mitteln, die der Rechtsstaat hat, dem Anliegen der Opfer nicht gerecht werden.“ Jörg Scheinfeld, Professor für Strafrecht und leitender Direktor des Instituts für Weltanschauungsrecht, sieht das anders, wie er gegenüber dem WDR betont:
Die Kirche ist ja eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit besonderen Befugnissen aber auch Pflichten, wie beispielsweise einer besonderen Wahrheitspflicht. (…) Wenn der Eindruck entsteht, dass die Kirche diesen Pflichten nicht nachkommt, kann der Staat auch darüber nachdenken, ihr die Sonderstellung zu entziehen.
Seit Jahrhunderten sorgt sexueller Missbrauch durch Kleriker für Skandale. Das habe nichts mit Freizügigkeit und gesellschaftlicher Liberalisierung zu tun, betont Doris Reisinger in ihrem Gastbeitrag in der NZZ, aber mit dem Kirchenrecht, das blind sei für die Opfer. Der Blick in die Kirchengeschichte und die lange Reihe einschlägiger kirchlicher Gesetze zeige, dass es nicht nur Missbrauch durch Priester, sondern auch dessen Geheimhaltung und Relativierung schon immer gab. Den Bischöfen gelinge es bis heute, sich als Opfer einer antikatholischen Stimmungsmache oder eines Kulturkampfs zu inszenieren.
Die gesamte moralische und rechtliche Logik, mit der die Kirchenleitung auf Missbrauch blickt, ist blind für den aus säkularer Perspektive absolut entscheidenden Punkt: die Verletzung der Rechte Betroffener. Weder das kirchliche Recht noch die verlautbarte kirchliche Moral ist in der Lage, abzubilden, was jedem säkular denkenden Menschen spontan klar ist: nämlich, dass es sich bei sexuellem Missbrauch um Übergriffe an Menschen handelt und dass diesen Menschen daraus moralische und rechtliche Ansprüche gegenüber den Tätern (und der Täterorganisation) erwachsen.
Im Jahr 2018 hatte die Deutsche Bischofskonferenz eine Untersuchung zum Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche vorgestellt (vgl. dazu die #LaTdH vom 30. September 2018). Der Psychiater Harald Dreßing war Koordinator der sogenannten „MHG-Studie“. Fünf Jahre nach der Veröffentlichung zieht er im Interview mit dem Domradio ein negatives Fazit:
Ich kann das nur als Außenstehender bemerken und denke, dass das bisherige Verhalten der katholischen Kirche in den Aufarbeitungsbemühungen sehr ungeschickt gewesen ist, denn in ihren Bemühungen hat die katholische Kirche – zumindest ist das meine Einschätzung und ähnliches höre ich auch von vielen Betroffenen und Gläubigen – eher ein Stück weit weiter an Glaubwürdigkeit verloren denn dazu gewonnen.
Buntes
Seit seinem ersten Konsistorium, der Vollversammlung der Kardinäle als einer Art päpstlicher Kronrat, hat Papst Franziskus die Gruppe der höchsten Würdenträger der römisch-katholischen Kirche immer weiter internationalisiert. Mit der in der vergangenen Woche erfolgten Aufnahme von 21 Geistlichen in den Kreis der zukünftigen Papstwähler erweitert der Pontifex die Zahl der Länder, die im Kardinalskollegium vertreten sind auf 71 Nationen, erläutert Christoph Strack in seinem Beitrag für die Deutsche Welle:
Damit mehren sich die Perspektiven, die in dem Gremium vertreten sind. Der Papst hat damit auch das Konzept zu den Akten gelegt, die Oberhirten von wichtigen und traditionsreichen Erzbistümern geradezu automatisch zu Kardinälen zu machen. So gehen die Erzbischöfe von Paris und Venedig, Mailand und auch Berlin seit Jahren leer aus. Stattdessen sucht Franziskus immer auch Geistliche aus, die nicht dem Klischee entsprechen.
All das wird es schwerer machen, ein künftiges Konklave zu bewerten oder „heiße Kandidaten“ zu benennen. Denn die Geistlichen im roten Purpur, der für das Kardinalsamt steht, kennen einander viel weniger, als es in früheren Zeiten üblich war.
Die evangelische Erlöserkirche von Jerusalem wurde am Reformationstag des Jahres 1898 im Beisein des deutschen Kaisers Wilhelm II. eingeweiht. Aus Anlass des 125. Jubiläums besucht eine Delegation der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) das Heilige Land – „weitgehend unter dem Radar“, wie Philipp Greifenstein in seinem Beitrag anmerkt. Auf der Website der EKD muss man nach zwei kurzen Pressemitteilungen suchen. Neben einem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem standen auch Gespräche mit Partnern aus der Ökumene auf dem Programm.
Welche Zukunft den Christen in Jerusalem beschieden sein wird, hängt im erheblichen Maße von der Unterstützung ab, die christliche Institutionen und Gemeinden aus ihren Heimatkirchen erfahren. Aufgrund des Mitgliederschwunds erwartet die Evangelische Kirche für die kommenden Jahre auch einen Rückgang an Kirchensteuermitteln. Die Frage, wie und in welchem Umfang sich die EKD ihr Engagement im Heiligen Land weiterhin leisten kann, ist damit gestellt.
Theologie
Mag die Klimakrise und die Frage nach der Verantwortung für die Umwelt durch die Aktionen von „Fridays for Future“ oder der „Letzten Generation“ auch eine stärkere Aufmerksamkeit erhalten haben, wissenschaftlich diskutiert und erforscht werden diese Themen schon lange. In einer Ringvorlesung der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien im Wintersemenster 2023 soll es um den Beitrag von Religionen und Theologie zu dieser Fragestellung gehen. Die Bandbreite der Themen reicht dabei von der Schöpfungstheologie, einer neuen Sicht auf den Menschen innerhalb dieser Schöpfung, tierethischen Fragestellungen, bis hin zur Analyse des Phänomens „Apokalyptik““, mit dem Szenarien der Klimakrise oft beschrieben werden.
Predigt
Der „Ökumenische Predigtpreis Bonn“ wird verliehen „für Predigten, die einen hervorragenden Beitrag zur Redekultur in den Kirchen im deutschsprachigen Raum leisten“ und „zur ethischen Orientierung und spirituellen Praxis beitragen“, heißt es in den Statuten. Als am Dienstag der vergangenen Woche die Preisträgerinnen dieses Jahres bekannt gegeben wurden, richtete sich die mediale Aufmerksamkeit auf die prominente 27-jährige Klima-Aktivistin Luisa Neubauer („Fridays for Future“), die in der Kategorie „Lebenswerk“ ausgezeichnet wird. Der Preis für „die beste Predigt“ geht hingegen an die alt-katholische Theologie-Student:in Nathalie Schuler (@nathalie.schuler). Die Preisverleihung findet statt am 16. Oktober in Bonn.
„Wer bist Du? (…) Was sagst Du über Dich selbst?“, wird Johannes der Täufer im Evangelium (Joh 1, 19-28) gefragt, das Nathalie Schuler in ihrer Predigt zum ökumenischen CSD-Gottesdienst in München am 24. Juni 2023 ausgelegt hat. „Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat“, antwortet der asketische Wanderprediger – mit Verweis auf die Geschichte, zu der er gehört, auf die Tradition, in der er steht. Die „Frage nach der eigenen Identität“ sei queeren Menschen vertraut:
Wir haben sie uns selbst gestellt und sie von anderen gehört, mal von ehrlichem Interesse geleitet, mal auf eine Art, die uns in die Enge treiben will. Denn Queerness hat ja nicht allein mit Begehren zu tun, sondern auch mit unserem Sein. Viele von uns haben die Erfahrung gemacht, nicht in vorgegebene Schubladen zu passen.
Noch immer gebe es reaktionäre Stimmen in den Kirchen, Alltagsdiskriminierung und Gewalt gegen queere Menschen. Umso mehr gelte es, die dankbare Erinnerung an diejenigen zu bewahren, die Wegbereiter:innen für die Rechte von People of Color, Frauen und trans* Menschen waren.
Eine queere Antwort auf die Frage „Wer bist Du?“ könnte deshalb lauten: Ich bin der kühnste Traum derer, die vor mir dagewesen sind. Ich bin der, von dem gesagt wurde: Er wird selbst entscheiden können, was es für ihn bedeutet, ein Mann zu sein. Ich bin die, von der es hieß: Sie wird mit ihrer Frau und ihren Kindern in Frieden leben. Ich bin ein Mensch, der sich von der Liebe leiten lässt, wie uns verheißen wurde. (…)
Ich will tun, was ich kann, damit die Wege bereit sind, die Gott mit anderen Menschen gehen will. Ich will Gottes Straßen queer machen, damit meinen Geschwistern nichts im Wege steht: Keine Angst, keine Armut, keine unterdrückenden Gesetze und keine einengende Deutung von Gottes Wort. Ich will Gottes Straßen queer machen, damit die Kreativität und Hingabe, die queere Menschen der Welt zu bieten haben, sich voll entfalten können.
Ein guter Satz
„Ich kann das Wasser noch funkeln sehen, mit dem ich getauft wurde und habe das Wort noch im Ohr, das mich mit neuem Leben erfüllt hat.“
– Nathalie Schuler, Predigt zum CSD-Gottesdienst am 24.6.2023
Title: Lernkurven – Die #LaTdH vom 1. Oktober
URL: https://eulemagazin.de/lernkurven-die-latdh-vom-1-oktober/
Source: REL ::: Die Eule
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Date: October 1, 2023 at 08:16AM
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