KIEL. Schleswig-Holstein braucht wohl eine neue Bildungsministerin: Seit heute steht fest, die amtierende Ministerin Karin Prien soll in der neuen Bundesregierung Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden. Für Schulen und Kitas könnte das einen Kurswechsel bedeuten. Zuletzt hatte Prien mit ambitionierten Zielen im Bildungsbereich auf sich Aufmerksam gemacht.

Karin Prien hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend als verständige Bildungspolitikerin profiliert. Die 59-jährige Juristin war von 2011 bis 2017 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, bevor sie 2017 das Amt der Bildungsministerin in Schleswig-Holstein übernahm. In dieser Rolle engagierte sie sich etwa für mehr Demokratiebildung und Antisemitismusprävention an Schulen. In der Debatte um die Neuauflage des Digitalpakts kämpfte sie öffentlich für eine stärkere finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund.
Konkrete Ideen für ein besseres Bildungssystem
Entsprechend dem Neuzuschnitt der Kompetenzen der Bundesministerien trägt Prien zukünftig nicht nur die Verantwortung für die schulische, sondern auch die frühkindliche Bildung. Das dürfte der erfahrenen Bildungspolitikerin entgegenkommen, hatte sie doch unlängst eine stärkere Verzahnung der beiden Systemebenen gefordert. Gemeinsam mit den Bildungsministerinnen aus Baden-Württemberg, Theresa Schopper (Grüne), und Rheinland-Pfalz, Stephanie Hubig (SPD) hatte sie das Konzept „Bessere Bildung 2035“ erarbeitet (News4teachers berichtete). Darin benennen die drei Politikerinnen über Partei- und Ländergrenzen hinweg konkrete Vorschläge, wie sich die Bildung in Deutschland bis 2035 verbessern lasse.
Zu den im Konzept genannten Zielen, die die Bildungsministerinnen bis zum Jahr 2035 erreicht haben wollen, gehören:
- „Frühe Bildung: Wir setzen auf eine bessere Verzahnung von Elementarbereich und Grundschule sowie auf abgestimmte Förderketten mit Evaluationskultur, die die Eltern mit einbeziehen.
- Kompetenz- und Leistungsentwicklung: Alle Kinder und Jugendlichen sollen mit der Unterstützung durch Kitas und Schulen ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
- Bildungschancen: Alle Lernenden sollen unabhängig von ihrer Herkunft am Ende ihrer Schulzeit die notwendigen Kompetenzen erreichen, um ein selbstbestimmtes Leben führen und aktiver Teil unserer demokratischen Gesellschaft sein zu können.
- Schule als Lern- und Lebensort für gelingende Persönlichkeitsentwicklung: Wir unterstützen die Auseinandersetzung der Lernenden mit sich selbst im Kontext der unmittelbaren und globalen Umwelt und unterstützen so die Entwicklung zu selbstbewussten Persönlichkeiten und die Stärkung der seelischen und körperlichen Gesundheit.“
„Es kommt vielmehr darauf an, mit den vorhandenen Ressourcen das Richtige zu tun.“
Nicht nur diese Ziele auch Priens ausführlicher Begründungstext zu diesen geben einen Einblick, was ihr in ihrer neuen Rolle als Bundesbildungs- und -familienministerin wichtig sein könnte. So schreibt sie, dass das gesamte Bildungs- und Hilfesystem den Kindern und Jugendlichen nicht mehr gerecht werde. Die Ursachen sieht sie in der veränderten Zusammensetzung der Schülerschaft und der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Prien fordert daher eine strategische Neuausrichtung, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und die Bildungsgerechtigkeit zu verbessern. Geld allein ist aus ihrer Sicht nicht die Lösung. „Es kommt vielmehr darauf an, mit den vorhandenen Ressourcen das Richtige zu tun.“ Prien beruft sich dabei auf den neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie. Die Erkenntnisse in seiner jüngsten Metastudie „Visible Learning: The Sequel“ wiesen darauf hin, dass es nicht nur weiter auf die Lehrkräfte ankomme, sondern auch entscheidend auf deren Wirksamkeit. Prien: „Diese Wirksamkeit erfordert Zielklarheit im gesamten Schulsystem, eine Schulkultur des Wohlbefindens, eine Evaluationskultur auf allen Ebenen des Schulsystems in Bezug auf guten Unterricht und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler und natürlich auch eine kohärente Datenstrategie.“
„Kitas müssen in Deutschland endlich vom ersten Tag an als Bildungseinrichtungen anerkannt […] werden.“
Darüber hinaus hebt die CDU-Politikerin die Bedeutung von frühkindlicher Bildung hervor: „Eine der wichtigsten kulturellen Veränderungen, die in diesem Land erforderlich wären, ist ein Umdenken in Bezug auf die Rolle der Kitas.“ Prien betont: „Kitas müssen in Deutschland endlich vom ersten Tag an als Bildungseinrichtungen anerkannt und auch tatsächlich genutzt werden. Die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher ist keine Kinderbeaufsichtigung, sondern eine elementar wichtige pädagogische Begleitung in den ersten Lebensjahren.“
Und weiter schreibt die Bildungspolitikerin: „In der Kita werden Sprachdefizite schneller und einfacher behoben als in jedem anderen Lebensbereich. Kulturelle Integration und Hinführung zu Neugier und basalen Kompetenzen müssen als Vorbereitung auf die Schule in der Kita erfolgen. Im Sinne einer Priorisierung sollte ab sofort eine nationale Agenda für Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren im Mittelpunkt stehen – mit verbindlichen Bildungsplänen für dieses Alter und der Entwicklung eines gemeinsamen Bildungsverständnisses für Kita und Grundschule sowie einer erleichterten Kooperation der Hilfesysteme, einschließlich Datenübermittlung, die hier bildungskompensatorisch wirken sollen.“
Stärkere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen gefordert
Des Weiteren spricht sich die Bildungspolitikerin für eine bundesländerübergreifende Bildungsagenda aus, die sich auf wenige zentrale Ziele konzentriert. „Es bedarf eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses über Bildung als zentralen Schlüssel zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Aufstieg“, so Prien. Dazu zählt auch die Förderung leistungsstarker Kinder und eine bessere Unterstützung für benachteiligte Schüler.
Zudem fordert Prien eine stärkere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen. „Schule, Eltern und Hilfesysteme müssen kindbezogen enger und unbürokratischer kooperieren.“ Außerdem sei eine kohärente Datenstrategie essenziell, um Schulentwicklungsprozesse datenbasiert zu steuern und zu evaluieren. Mit Blick auf die Schulen engagiert sich Prien für den weiteren Ausbau von Ganztagsangeboten und eine stärkere Integration psychosozialer Unterstützung. Auf diese Weisen sollen sie neben der Wissensvermittlung zur seelischen und körperlichen Gesundheit der Kinder beitragen.
Die Bildungspolitikerin hebt darüber hinaus die Bedeutung multiprofessioneller Teams hervor, die rechtskreisübergreifend arbeiten und jedes Kind individuell fördern. Zudem müssten Eltern stärker in Bildungs- und Erziehungsfragen eingebunden werden, etwa durch muttersprachliche Informationsangebote. Ein verstärkter Fokus auf Digitalisierung und den Einsatz von KI-Instrumenten sollen das Bildungssystem moderner und effizienter machen. Prien fordert, dass die Bundesländer hier gemeinsam handeln und von internationalen Vorbildern lernen.
Prien wünscht sich außerdem einen Kulturwandel hin zu einer nachhaltigen Schulentwicklung. „Bildungspolitik muss über Wahlperioden hinaus gedacht werden“, betont sie. Ziel sei es, ein lernendes System zu schaffen, das sich kontinuierlich weiterentwickelt und jedem Kind faire Chancen bietet. Dabei müssten den Einrichtungen vor Ort größere Freiheiten eingeräumt werden.
Hohe Erwartungen
Inwiefern sich Prien diesen Zielen als Bundesbildungs- und -familienministerin nähern kann, bleibt abzuwarten. Schließlich ist Bildungspolitik weiterhin Ländersache und ihr Einfluss begrenzt. Die an sie gestellten Erwartungen sind allerdings trotzdem hoch: So verbindet der Deutsche Philologenverband (DPhV) mit Prien im Kabinett die Hoffnung, „einen besseren neuen Digitalpakt zu gestalten“. An Karin Prien gewandt fordert der Verband, dass sich der Bund stärker als mit den bisher vorgesehen an der Finanzierung des Digitalpakts beteiligt. Als Landesministerin hatte Prien den Beitrag des Bundes von 2,5 Milliarden Euro über sechs Jahre selbst noch als zu niedrig kritisiert. News4teachers
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Title: Neue Bundesregierung: Karin Prien übernimmt XXL-Bildungs- und Familienministerium (und lässt auf einen Kurswechsel hoffen)
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Date: April 28, 2025 at 05:44PM
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