Überraschend hat Papst Franziskus beim Mittagsgebet heute ein Konsistorium für den 30. September angekündigt. Dann will er 21 neue Kardinäle in den Senat der Kirche aufnehmen, darunter 18 bei einem kommenden Konklave wahlberechtigte Kirchenmänner. Wenig überraschend ist der Purpur für die drei neuen Kurienchefs Robert Francis Prevost, Bischofsdikasterium, Claudio Gugeroti, Ostkirchendikasterium, und Victor Manuel Fernández, Glaubensdikasterium. Aufhorchen lässt das Kardinalat für den aus der Schweiz stammenden Nuntius, Emil Paul Tscherig, den aktuellen Nuntius in den USA, Christophe Louis Yves Georges Pierre, sowie den Lissaboner Weihbischof Américo Manuel Alves Aguiar. Aguiar ist einer von vier neuen Kardinälen, die in Europa in Bistümern arbeiten. Drei neue Kardinäle kommen aus Afrika, und je zwei aus Lateinamerika und Asien. Zudem wird der Ordensobere der Salesianer, Ángel Fernández Artime, Kardinal. Politisch wichtig ist das Kardinalat für den Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa.
Viel Weltkirche für den Senat
Mit dem Konsistorium am 30. September geht Papst Franziskus weit über die von Paul VI. festgelegte Orientierungszahl von 120 Papstwählern hinaus. 137 bzw. mit dem 80. Geburtstag von Kardinal Patrick D‘Rozario am 1. Oktober werden es 136 sein. Die neuen Kandidaten sind weitestgehend gleich über den Globus verteilt. Wie immer versucht Franziskus die Zahl der Kurialen klein zu halten, dagegen möglichst viele Bischöfe aus nichteuropäischen Bistümern zu benennen. Mit dem Erzbischof von Juba, Stephen Mulla, will Franziskus sicher erneut ein Zeichen setzen, wie wichtig ihm das Schicksal des Südsudan ist. Die anderen beiden afrikanischen Neuzugänge im Kardinalskollegium sind der Erzbischof von Kapstadt, Stephen Brislin, und der künftige Erzbischof von Tabora in Tansania, Protase Rugambwa. Brislin ist bekannt für sein Engagement gegen Rassismus und Korruption. Immer wieder mahnt er zu einem konsequenteren Vorgehen gegen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Afrika an und macht immer wieder auf den Missbrauch von Ordensfrauen aufmerksam.
Der Erzbischof von Cordoba, Angel Rossi, ist bekannt für sein Engagement für Arme und Ausgegrenzte. Eine von ihm zu diesem Zweck gegründete Stiftung ist mittlerweile in knapp einem Dutzend Städten Argentiniens aktiv. Mit dem Erzbischof von Bogota, Luis Rueda, nimmt Franziskus einen weiteren Kirchenmann ins Kardinalskollegium auf, in dessen Land sich noch immer viele Menschen nach Versöhnung und Frieden sehen nach Jahrzehnten des Kampfes zwischen Rebellen und Regierung. Der Kardinalspurpur für den Bischof von Hongkong, Stephen Chow Sau-Yan, dürfte auch ein Signal an die Regierung in Peking sein. Sau-Yan tritt wesentlich weniger leise auf als sein Vorgänger Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, der die Versuche der diplomatischen Annäherung des Vatikans in Richtung Peking im Pontifikat von Franziskus wiederholt scharf kritisierte. Mit dem Bischof von Penang in Malaysia und Vorsitzenden der Bischofskonferenz von Malaysia, Singapur und Brunei, Sebastian Francis, holt der Papst einen weiteren Vertreter einer Ortskirche in der Minderheit ins Kardinalskollegium.
Stärkung des US-Nuntius
Aus Europa erhalten der Erzbischof von Lodz, Grzegorz Rys, der Erzbischof von Madrid, Jose Cobo Cano, und der Bischof von Ajaccio auf Korsika, Francois-Xavier Bustillo, den Kardinalspurpur. Mit Americo Alves Aguiar aus Lissabon wird ein Weihbischof Kardinal. Neben dem amtierenden Erzbischof und Patriarchen von Lissabon, Manuel Clemente, gibt es damit in der portugiesischen Hauptstadt, wie auch in Madrid, zwei papstwahlberechtigte Kardinäle. Ob Aguiar den Purpur als Dank für die Organisation des Weltjugendtags bekommt, der Anfang August in Lissabon stattfindet, oder Franziskus noch anderes mit ihm vorhat, ist offen. Mit dem Schweizer Emil Tscherrig nimmt Franziskus einen der erfahrensten Vatikandiplomaten in das Kardinalskollegium auf. Aktuell ist er Nuntius in Italien. Von 2012 bis 2017 war er Vatikanbotschafter in Argentinien. Für den aktuellen Nuntius in den USA Christophe Pierre dürfte das Kardinalat eine Rückendeckung sein in der Diskussion mit der US-amerikanischen Bischofskonferenz, die auch im elften Pontifikatsjahr nur mit Mühe auf Franziskuskurs einschwenkt.
Schließlich nimmt Franziskus drei Kirchenmänner in das Kardinalskollegium auf, die bereits über 80 Jahre sind und nicht mehr an einem Konklave teilnehmen könnten: der langjährige Vatikandiplomat Agostino Marchetto, der Alt-Erzbischof von Cumana in Venezuela, Diego Rafael Padron, und der Kapuzinerpater Luis Pascual Dri. Letzterer ist Beichtvater an einem Marienheiligtum in Buenos Aires und wird in den Medien immer wieder als der „Beichtvater des Papstes“ bezeichnet. Dri ist bisher kein Bischof, wie auch der Obere der Salesianer, Angel Fernandez Artime. Den 60-Jährigen wird Franziskus ebenfalls Ende September in den Senat der Kirche aufnehmen.
Franziskus prägt Senat der Kirche
Mit dem Konsistorium am Vorabend der Bischofssynode setzt Franziskus noch einmal ein Zeichen. Vor allem der neue Chef des Glaubensdikasteriums, Victor Manuel Fernández, wird damit auf Augenhöhe mit seinen beiden Vorgängern Müller und Ladaria bei der Synode diskutieren können. Der Papst beendet damit auch Spekulationen über neue Kardinäle, die es bereits seit geraumer Zeit gibt. Denn allen Beobachtern war klar, dass Franzskus es sich auch in diesem Jahr nicht wird nehmen lassen, dem Kardinalskollegium tiefer seinen Stempel aufzudrücken. Zumal binnen Jahresfrist bis Ende September 2024 immerhin 15 Kardinäle altersbedingt aus dem Papstwahlgremium ausscheiden. Mit dem Konsistorium Ende September hat Franziskus dann 99 der 137 Papstwähler ernannt.
Title: Neue Kardinäle à la Franziskus
URL: https://blog.zdf.de/papstgefluester/2023/07/09/neue-kardinaele-a-la-franziskus/
Source: Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog
Source URL: https://blog.zdf.de/papstgefluester
Date: July 9, 2023 at 07:45PM
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