Philologen beklagen Anfeindungen in Abi-Zeitungen: Lehrkräfte müssen nicht alles hinnehmen

DÜSSELDORF. Von Schülerinnen und Schülern erstellte Abitur-Zeitungen gehören zum traditionellen Abschiedsprocedere an Schulen. Lustig sind die darin veröffentlichten Beiträge nicht immer – jedenfalls nicht für alle. Lehrkräfte müssen mitunter Hohn und Spott ertragen. Der Philologenverband stellt fest: Zu oft werden die Grenzen des Erträglichen dabei überschritten.

Einzelne Lehrkräfte werden in Abi-Zeitungen aufs Korn genommen. Illustration: Shutterstock

Was Lehrerinnen und Lehrer aushalten müssen, die in Abi-Zeitungen aufs Korn genommen werden, geht zu oft unter die Gürtellinie – meint der Philologenverband NRW. „Lehrkräfte wehren sich oft nicht dagegen, leiden aber sehr darunter“, sagt die Vorsitzende Sabine Mistler gegenüber der „Rheinischen Post“. „Man muss die Tabuisierung beenden und reflektieren, was es bedeutet, wenn Grenzen überschritten werden. Jedes Jahr werden Lehrkräfte durch Aussagen und Anfeindungen, die in einer Abizeitung verewigt werden, sehr verletzt.“

„Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, keine unwahren Tatsachenbehauptungen oder ehrverletzende Äußerungen zu veröffentlichen“

Grundsätzlich gilt, wie die Seite „Juraforum“ informiert: „In Deutschland haben alle Bürger nach Artikel 5 des Grundgesetzes das Recht auf freie Meinungsäußerung, welche sich auch auf das Schreiben und Veröffentlichen von Abiturzeitungen erstreckt.“ Allerdings gibt es Grenzen. „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 GG abgeleitet und schützt die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen. Beleidigungen, üble Nachrede oder Verleumdungen sind daher nicht zulässig und können zivil- sowie strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (§§ 185 ff. Strafgesetzbuch – StGB)“, so heißt es. Bei der Erstellung einer Abiturzeitung sollten die Schülerinnen und Schüler darauf achten, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt wund insbesondere keine unzulässigen Äußerungen über Mitschüler*innen oder Lehrkräfte verbreitet würden.

„Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, keine unwahren Tatsachenbehauptungen oder ehrverletzende Äußerungen zu veröffentlichen (§ 823 BGB). Eine Meinungsäußerung kann zwar in der Regel von der Meinungsfreiheit (Artikel 5 GG) gedeckt sein, sollte jedoch keine Schmähkritik beinhalten oder die Grenze zur Persönlichkeitsrechtsverletzung überschreiten.“

Darüber hinaus seien das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild zu beachten. „Das Recht am eigenen Bild ist in §§ 22, 23 KUG geregelt. Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung veröffentlicht oder verbreitet werden. Die Einwilligung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen und sollte schriftlich dokumentiert werden“, so heißt es. „Es gibt jedoch auch Ausnahmen von diesem Grundsatz: Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit erscheinen, oder Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Veranstaltungen, an denen die abgebildeten Personen teilgenommen haben, dürfen auch ohne Einwilligung der Abgebildeten veröffentlicht werden (§ 23 Abs. 1 KUG). Dennoch ist immer eine Abwägung im Einzelfall notwendig.“

„Wertschätzung und Respekt dürfen auch in einer Abizeitung nicht vergessen werden“

Wo ist die Grenze – ab wann wird das Persönlichkeitsrecht missachtet? Die Autor*innen liefern ein Beispiel: „In einer Abiturzeitung wird ein Lehrer als ‚faul und inkompetent‘ bezeichnet, ohne dass dafür stichhaltige Gründe oder Beweise vorliegen. Dieser Lehrer könnte nun gegen die Autoren der Zeitung auf Unterlassung klagen und ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen. Zudem könnten die Autoren wegen übler Nachrede gemäß § 186 StGB strafrechtlich belangt werden.“

Philologen-Chefin Mistler möchte es so weit gar nicht kommen lassen. Ihre Forderung: „Es müssen klare Grenzen gesetzt werden. Und diese Grenzen müssen die Schulen definieren.“ Sie sollten mit den Oberstufenschülerinnen und -schülern Richtlinien vereinbaren über die Sprache, die Inhalte und die Darstellung von Personen. An Schulen, an denen dies schon praktiziert werde, mache man gute Erfahrungen. „Wertschätzung und Respekt dürfen auch in einer Abizeitung nicht vergessen werden“, meint Mistler. News4teachers

Gewalt an Schulen – VBE: „Verrohung der Umgangsformen“, Kultusministerin: Lehrkräfte stoßen an ihre Grenzen


Title: Philologen beklagen Anfeindungen in Abi-Zeitungen: Lehrkräfte müssen nicht alles hinnehmen
URL: https://www.news4teachers.de/2024/04/philologen-beklagen-anfeindungen-in-abi-zeitungen-was-lehrkraefte-hinnehmen-muessen-und-was-nicht/
Source: News4teachers
Source URL: https://www.news4teachers.de
Date: April 24, 2024 at 06:22AM
Feedly Board(s): Schule