FRANKFURT/MAIN. Kati Ahl kennt sich mit Bildungsthemen gut aus. Sie war Lehrerin, hat Lehramtsreferendar*innen ausgebildet und war Schulleiterin. Heute ist sie Schulentwicklungsberaterin, Buchautorin und Podcast-Produzentin. In ihrer neuen Podcast-Reihe „Schule, lass mal reden!“ unternimmt sie Bildungsreisen, um herauszufinden, wie Schule in anderen Ländern funktioniert. Ihre erste Reise führt sie nach Dänemark, wo sie auf der Suche nach pädagogischen Perlen ist. Heute besucht sie dort den Lernort Tech X – und eine papierlose Schule.
Im ersten Teil ihrer Podcastreihe war sie der Frage nachgegangen, was an dänischen Schulen anders ist im Gegensatz zu Schulen in Deutschland. Dass in Dänemark anders unterrichtet wird, zeigt sich auch im zweiten Teil von Kati Ahls Bildungsreise. Dies wird vor allem am Beispiel der Digitalisierung und dem Fach Informatik deutlich. Lehrpläne bestehen hier aus Dokumenten mit QR-Codes, wo für jeden Jahrgang Themen vermerkt sind. Auch im Informatikunterricht gibt es Unterschiede. In Deutschland ist das Fach in einigen Bundesländern bereits verpflichtend, aber eben noch nicht flächendeckend. Hinzu kommt, dass die Lehrkräfte häufig über wenige fachspezifische Kenntnisse verfügen und Informatiker*innen meist keine Pädagog*innen sind.
Wie wird in Dänemark das Fach Informatik unterrichtet? Ein Beispiel hierfür ist der außerschulische Lernort Tech X, den Kati Ahl in der ersten Podcastfolge dieser Reihe bereits besucht hat. Hier haben Lehrkräfte zusammen mit Expert*innen das Fach „Technologie und Innovation“ entwickelt. Seit anderthalb Jahren wird es schon im learning hub Tech X unterrichtet. Der Digitalexperte, Pädagoge und Chef des außerschulischen Lernortes Tech X, Jesper Drachmann, bezeichnet dieses neue Schulfach im Gespräch mit Kati Ahl als Erfolgsgeschichte. Er räumt allerdings ein: „Es braucht viel Zeit, um ein neues Schulfach einzuführen, weil die Lehrkräfte anfangs viel Neues lernen müssen.“
Im Fach Technologie und Innovation werden den Schülerinnen und Schülern vielfältige Kompetenzen vermittelt. Dazu gehören Jesper Drachmann zufolge u.a. digital literacy (digitale Mündigkeit), creativity and production sowie computational thinking. Dies bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen produktiv sein und selbstständig etwas produzieren sollen. Außerdem bekommen sie ein Verständnis dafür, was ein Computer mit Hilfe von Algorithmen leistet. In erster Linie ist es zwar ein Schulfach, aber Jesper Drachmann wünscht sich, dass „Technologie und Innovation“ zur Querschnittsaufgabe für alle Fächer wird. Um dies zu erreichen sei es wichtig, so Drachmann, die Lehrkräfte dafür zu sensibilisieren, welche Auswirkungen die Inhalte jeweils für das eigene Fach haben.
Bei der Implementierung eines neuen Schulfaches im Kontext Digitalisierung kommen für die Lehrkräfte einige neue Aufgaben hinzu. So benötigen sie neben der pädagogischen auch eine technologische Kompetenz. In seinem Vortrag mit dem Titel „Wenn ChatGPT in der Lehrer*innenbildung mitredet“ vom 1. Februar 2024 nennt der Schweizer Informatiker Beat Döbeli Honegger diese Fähigkeit Digitalitätskompetenz. Die Lehrkraft muss also entscheiden, was ist digital-pädagogisch sinnvoll und was ist digital-inhaltlich wichtig. Natürlich muss auch von der Lehrkraft berücksichtigt werden, welche Elemente sich als pädagogisch-inhaltlich sinnvoll erweisen.
Welche Tipps hat Jesper Drachmann, um ein solches technologisches Fach auch an deutschen Schulen einzuführen? Für Jesper Drachmann ist es wichtig, dass vor der Implementierung eines neuen Schulfaches entsprechende Organisationsstrukturen geschaffen werden, die den Prozess erleichtern und diesem einen gestalterischen Rahmen geben. Außerdem sei es empfehlenswert, die Lehrkräfte aktiv an der Veränderung zu beteiligen und ein Netzwerk zwischen den Akteur*innen zu knüpfen. Auch sollten anstehende Veränderungen im Team gut kommuniziert werden.
Kati Ahl berichtet, dass im Nachbarland Schweden mittlerweile die Auffassung vorherrscht, es sei an den Schulen zu viel Digitalisierung betrieben worden. Nun müssten Schüler*innen und Lehrkräfte wieder zum analogen Schulbuch zurückkehren.
Wie schätzt Jesper Drachmann vor diesem Hintergrund die Bildschirmzeit von Kindern und Jugendlichen ein? „Die Zeit am Bildschirm muss für die Kinder und Jugendlichen immer einen pädagogischen Nutzen haben oder ein anderes Ziel verfolgen“, erläutert Jesper Drachmann. „Es geht nicht um die Menge an Zeit, die die Kinder und Jugendlichen am Bildschirm verbringen, sondern um die Sinnhaftigkeit.“ Für Eltern sei es wichtig, am Leben der Kinder teilzuhaben und sich mit ihrer Digitalität zu befassen. Das bedeutet, so Drachmann, dass man mit den Kindern die Nutzerzeit vom Handy oder YouTube vereinbart und mit ihnen darüber im Gespräch bleibt. Dazu gehöre auch, mit den Kindern von Zeit zu Zeit gemeinsam ein Computerspiel zu spielen.
Eine papierlose Schule – gibt’s die? Auf ihrer Reise durch Dänemark besucht die Podcasterin Kati Ahl auch das Ørestad Gymnasium in der Nähe der Hauptstadt Kopenhagen. Diese Schule kommt ganz ohne Papier und analoge Schulbücher aus. „Diese Schule hat eine unglaubliche Architektur“, berichtet Kati Ahl. „Hier gibt es keine abgegrenzten Räume, aber dafür verschiedene Versammlungsorte und viel offenen Lernraum.“ Mit dem iPad kann man hier einfach besser lernen, so Kati Ahl weiter. Auf die Frage hin, ob das Gymnasium auch KI im Unterricht einsetzt, antwortet Schulleiter Mads Skrubbeltrang: „Wir erlauben den Einsatz von KI an unserer Schule, aber es gibt dafür noch keine klar definierten Regeln. Wir sind also noch im Lernprozess.“ Nina Odenius
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Title: Podcast von Kati Ahl: Zu Besuch in einer papierlosen Schule (und dort, wo ein neues Schulfach Informatik entwickelt wird)
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Source: News4teachers
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Date: August 3, 2024 at 04:16PM
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