Speyerer Generalvikar Andreas Sturm tritt zurück

Speyerer Generalvikar Andreas Sturm tritt zurück

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Andreas Sturm ist jemand, der sich unbequemen Fragen stellt. Im Fernsehen nahm er zu Missbrauch in der katholischen Stellung und warb für Aufarbeitung. Innerhalb der katholischen Kirche vertrat er liberale Positionen. Er segnete Homosexuelle, warb für ein Ende des Zölibats und holte Frauen in Leitungspositionen. Der 47-jährige Priester machte aber auch in Speyer Karriere und stand vier Jahre lang an der Spitze der Verwaltung des Bistums.

Nun hat der Generalvikar offenbar frustriert sein Amt niedergelegt – und tritt auch noch aus der Kirche aus. »Ich habe im Laufe der Jahre Hoffnung und Zuversicht verloren, dass die römisch-katholische Kirche sich wirklich wandeln kann«, teilte Sturm mit. Trotz laufender Reformprozesse wie des synodalen Wegs sehe er sich selbst nicht mehr in der Lage, diese Hoffnung auch zu verkünden und ehrlich und aufrichtig mitzutragen – »weil ich sie schlichtweg nicht mehr habe«.

Bischof äußert großes Bedauern

Sturm kündigte an, fortan in der alt-katholischen Kirche als Priester tätig sein zu wollen. Anders als in der römisch-katholischen Kirche können Geistliche dort unter anderem heiraten und eine Familie gründen, Frauen können die Priesterweihe empfangen. Sie entstand in den 1870er-Jahren als Reaktion auf das erste vatikanische Konzil, das dem Papst Unfehlbarkeit bescheinigte.

Ihm tue es leid, wenn er nun Gläubige enttäusche, schreibt Sturm. Und: »Ich hatte einfach keine Kraft mehr.« Der Stellvertreter des Speyerer Bischofs hatte bereits im Februar in einem Interview mit dem SWR  angekündigt, persönliche Konsequenzen ziehen zu wollen, falls der katholischen Kirche keine tief greifenden Reformen gelängen.

Für die katholische Kirche in Deutschland, die seit Jahren in Skandalen versinkt, dürfte Sturms Rücktritt ein erneuter Tiefschlag sein. Gerade durch seine jüngere und liberale Priestergeneration hatten viele Katholiken Hoffnung auf innerkirchlichen Wandel.

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann nahm Sturms Rücktrittsgesuch einer Mitteilung zufolge  »mit großem Bedauern« an. Als Leiter der Bistumsverwaltung habe Sturm der Diözese »wichtige und richtungsweisende Impulse gegeben«, heißt es in einer Mitteilung. Er habe sich etwa bezüglich des Missbrauchsskandals mit aller Kraft dafür eingesetzt, dass »begangenes Unrecht umfassend aufgearbeitet wird«.

Die Gründe für Sturms Rücktritt respektiere er, er teile sie jedoch nicht, so Wiesemann – und verwies auf die laufenden Reformprozesse. Der Bischof berief mit sofortiger Wirkung Markus Magin zum neuen Generalvikar. Der 57-Jährige ist seit 1994 Priester im Bistum Speyer und war seit 2009 Regens des Priesterseminars St. German.


via DER SPIEGEL

May 13, 2022 at 07:10PM