Studie: Handy-Verbot an Schulen verbessert das soziale Wohlbefinden der Schüler – und verbessert ihre Lernleistungen

AUGSBURG. Eine aktuelle Studie der Universität Augsburg untersucht die Auswirkungen von Smartphone-Verboten an Schulen – und kommt zu dem Ergebnis, dass sie das soziale Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler verbessern und, wenn auch in geringerem Maße, ihre Lernleistungen positiv beeinflussen können.

Was nützt ein Handy-Verbot an Schulen? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Erst vor zwei Jahren hatte das bayerische Kultusministerium das bis dato in den Schulen des Freistaats generell geltende Handy-Verbot aufgehoben – und es den Schulforen aus Schulleitung, Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern überlassen, über den Umgang mit den Geräten zu entscheiden. „Das Handy ist ein täglicher und selbstverständlicher Begleiter unserer Schülerinnen und Schüler. Ein generelles Verbot über alle Schularten hinweg halte ich für nicht zeitgemäß. Das ginge an der Realität vorbei“, befand der damalige Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) gegenüber dem „Merkur“. „Mir persönlich ist es wichtig, dass die Schulen sich flexibel für die Lösungen entscheiden können, die für alle Beteiligten am besten passen.“

Ein Fehler? Eine aktuelle Studie, die internationale Daten auswertet, legt das zumindest nahe. Durchgeführt wurde die Untersuchung von Tobias Böttger und Prof. Klaus Zierer, beide am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität Augsburg tätig. Die Forscher analysierten dafür Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden und fassten die Ergebnisse in einem sogenannten Rapid Review zusammen. Dabei handelt es sich um ein beschleunigtes wissenschaftliches Verfahren, das möglichst zeitnah Erkenntnisse für bildungspolitische Entscheidungen liefern soll.

Laut der Analyse verbessert ein Smartphone-Verbot vor allem das soziale Klima an Schulen, was sich in einem höheren Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler widerspiegele. In Bezug auf die Lernleistungen zeigt die Untersuchung ebenfalls positive Effekte, diese fallen allerdings geringer aus. Die Studienautoren betonen, dass diese Ergebnisse die Erfahrungen vieler Lehrkräfte bestätigen würden. „Das Smartphone in der Tasche oder auf dem Tisch kann Lern- und Bildungsprozesse verhindern. Zudem verschlechtern Smartphones das soziale Klima in Schulen, indem sie Konflikte zwischen den Schülern befeuern“, so Böttger und Zierer.

Die Forscher warnen jedoch davor, dass ein reines Verbot nicht ausreichend sei. Sie plädieren dafür, dass ein solches Verbot pädagogisch begleitet werden muss, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. „Ein bloßes Verbot reicht nicht aus. Es ist wichtig, dass Schüler lernen, wie sie mit dieser Technologie verantwortungsbewusst umgehen“, erklären die Wissenschaftler. In ihrer Untersuchung empfehlen sie daher, Smartphone-Verbote mit Bildungsmaßnahmen zu kombinieren, die die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler fördern. Ein zentraler Aspekt sei es, mit den Kindern und Jugendlichen über die Regeln zu sprechen und sie schrittweise an einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Geräten heranzuführen. „Es ist wichtig, mit Schülern über das Verbot zu sprechen, Regeln zu erklären und zu reflektieren und schrittweise Handlungsspielräume zu eröffnen, um so die Schüler Schritt für Schritt in eine Medienmündigkeit zu führen“, erläutern Böttger und Zierer.

„Das Ziel muss es sein, einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones zu fördern und gleichzeitig ihre negativen Auswirkungen zu minimieren“

Die Studie deutet darauf hin, dass ein solches Verbot in Kombination mit pädagogischer Begleitung die positiven Effekte auf das soziale Wohlbefinden und die Lernleistungen der Schüler verstärken kann. In zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler sei es dann sinnvoll, ihnen mehr Eigenverantwortung zu übertragen, um sie auf einen selbstbestimmten und kritischen Umgang mit Smartphones vorzubereiten. „Das Ziel muss es sein, einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones zu fördern und gleichzeitig ihre negativen Auswirkungen zu minimieren“, resümieren die Studienautoren.

Trotz der positiven Ergebnisse betonen Böttger und Zierer, dass weitere Forschung notwendig sei. Langfristige Studien könnten dazu beitragen, besser zu verstehen, wie Smartphone-Verbote die schulische und soziale Entwicklung der Schüler beeinflussen. Außerdem könnten gezielte Forschungsprojekte dabei helfen, effektive pädagogische Strategien zu entwickeln, die Schulen bei der Einführung und Umsetzung solcher Maßnahmen unterstützen. „Nur durch eine kontinuierliche Evaluierung und Anpassung der Maßnahmen können wir sicherstellen, dass die sozialen und akademischen Vorteile maximiert werden“, schließen die Forscher.

Die Debatte um Smartphone-Verbote an Schulen bleibt auch in Deutschland ein kontroverses Thema. Während Länder wie Frankreich bereits strikte Regelungen eingeführt haben, ist die Diskussion hierzulande weiterhin offen. Die Studie der Universität Augsburg bietet nun empirische Grundlagen, die in diese Debatte einfließen könnten. Allerdings machen die Autoren deutlich, dass es nicht ausreiche, einfach nur Verbote zu erlassen. Entscheidend sei vielmehr, diese in pädagogische Konzepte einzubetten, die den Schülern helfen, digitale Medien sinnvoll und verantwortungsbewusst zu nutzen.

Damit bleibt die Frage, wie Schulen am besten mit der Smartphone-Nutzung ihrer Schüler umgehen sollen, komplex und bedarf einer differenzierten Betrachtung. Die Untersuchung von Böttger und Zierer liefert Hinweise darauf, dass Verbote positive Effekte haben können, wenn sie durch eine gezielte Medienerziehung ergänzt werden. Doch die Forscher selbst betonen, dass eine langfristige Beobachtung und ständige Anpassung der Maßnahmen notwendig sei, um den gewünschten Erfolg zu erzielen.

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Date: August 22, 2024 at 12:10PM
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