Synodengänger*innen: Bischofssynode mit Lai*innen-Akklamation

Synodengänger*innen: Bischofssynode mit Lai*innen-Akklamation

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Das Ende des Synodalen Wegs soll zugleich ein Anfang neuer Synodalität im deutschen Katholizismus sein. Dr. Juliane Eckstein hat den Synodalen Weg für uns mit ihren Berichten begleitet und blickt nun zurück auf die letzte Vollversammlung.

Die 5. Vollversammlung des Synodalen Wegs endete für die meisten Teilnehmenden mit verhaltener Erleichterung. Drei Jahre gemeinsamen Hörens, Betens und Ringens waren plötzlich vorbei. Es gab weder einen skandalträchtigen Showdown noch den großen Durchbruch, weder Enttäuschung noch Euphorie. Was war passiert?

Rückblick

Im September 2022 beschloss die Vierte Vollversammlung, den synodalen Ausschuss einzurichten, ein Übergangsgremium, das den deutschlandweiten, dauerhaften Synodalen Rat vorbereiten sollte. Im November 2022 reisten die deutschen Bischöfe zu einem Ad-Limina-Besuch nach Rom. Dort konnten sie den Versuch der römischen Behörden, den Synodalen Weg zu stoppen, gerade noch abwenden. Im Dezember 2022 schrieben fünf deutsche Bischöfe einen gemeinsamen Brief an den vatikanischen Kardinalsstaatssekretär und fragten, ob sie an einem solchen Synodalen Ausschuss teilnehmen müssten oder dürften. Die Antwort im Januar 2022 lautete, dass kein Bischof zur Teilnahme am Synodalen Ausschuss verpflichtet werden könne und meldete grundsätzliche Bedenken zum Synodalen Rat an. Bei der DBK-Frühjahrsvollversammlung Anfang März legte der Apostolische Nuntius das Antwortschreiben von Amts wegen so aus, dass sowohl der Synodale Rat als auch Synodale Gremien in den Bistümern ausgeschlossen seien. Damit wurde ein zentraler Tagesordnungspunkt der Fünften Vollversammlung, der Handlungstext „Gemeinsam beraten und entscheiden“, zum weltkirchlichen Politikum. Entweder man lehnte ihn aus Gehorsamsgründen ab, beschloss ihn, ohne ihn anschließend umzusetzen, oder man beschloss ihn, setzte ihn um, und trat damit in offene Rebellion gegenüber Rom.

Wenn ich nicht mehr weiter weiß…

Die Lösung lautete: Vertagung der Entscheidung. Der Handlungstext zu Synodalen Gremien in den Diözesen wurde zwar besprochen und durch bischöfliche Änderungsanträge nochmals abgeschwächt, am Ende aber doch nicht zur Abstimmung gestellt. Die weitere Diskussion darum wurde in den Synodalen Ausschuss überwiesen. Der Eklat war abgewendet. Eine Entscheidung aber auch.

Ähnlich verhielt es sich mit vielen weiteren Handlungstexten. Sie wurden zwar beschlossen, bedeuteten in ihrer finalen Form aber nur mehr eine Zustimmung zu weiteren Beratungen. Im Handlungstext zu Segensfeiern für homosexuelle Paare oder wiederverheiratete Geschiedene hieß es ursprünglich entschieden: „Die deutschen Bistümer führen eine solche Segensfeier als diözesane Liturgie ein.“ Vorgeschlagen war ferner ein Manuale, das später in das Benediktionale zu integrieren sein würde. Daraus wurde eine Empfehlung, „die Thematik […] zu besprechen und zeitnah angemessene liturgische Feiern zu entwickeln und einzuführen.“ Aus dem Manuale, also einem liturgischen Buch, wurde eine Handreichung.

Der Handlungstext „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“ schlug den Diözesen ursprünglich eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Situation von inter- und transgeschlechtlichen Gläubigen schnell zu verbessern. Nun beschließt er nur noch eine Arbeitsgruppe und empfiehlt Themen lediglich zur weiteren Besprechung.

Andere Handlungstexte zielten sowieso auf weltkirchliche Prozesse. Bei der Öffnung des Diakonats für alle Geschlechter, der Prüfung von „Ordinatio Sacerdotalis“, dem Apostolischen Schreiben, das die Weihe von Frauen ausschließt, sowie der Öffnung des Zölibats ging es darum, Bitten an den Papst zu richten oder sich im weltkirchlichen Synodalen Prozess für Veränderungen stark zu machen. Die Entwürfe zu diesen Themen waren bereits zuvor abgeschliffen worden.

Bischöfliche Synodalität und die Lai*innen

All diese Kompromisse zielten darauf, die notwendige bischöfliche Zweidrittel-Mehrheit zu erreichen und einen Eklat wie bei der Vierten Vollversammlung zu vermeiden. Dieses Mal hatten die Bischöfe bereits im Vorfeld über die Texte debattiert. Einzelne Bischöfe hatten danach nochmals Änderungsanträge formuliert, um die unentschiedenen Mitbrüder zu einer Zustimmung zu bewegen und so die Texte zu retten. Die Satzung erlaubte dies, und trotzdem strapazierte es die Geduld der nicht-bischöflichen Beteiligten.

Ein Beispiel mag den Grund für diesen Unmut veranschaulichen: Der Handlungstext über geschlechtergerechte Dienste und Ämter enthielt zunächst den Beschluss, pastorale Mitarbeitende regulär mit dem Predigtdienst auch in der Eucharistie zu beauftragen, die außerordentliche Taufspendung und Eheassistenz zu prüfen und einzuführen, in einen Konsultationsprozess über die Öffnung oder Wiederbelebung weiterer Dienste (Krankensalbung, Laienbeichte) einzutreten und qualifizierte Lai*innen für Leitungsaufgaben in Pfarreien und Gemeinden zu qualifizieren und einzusetzen. Dies hätte vor allem das Berufsbild von Pastoralreferent*innen und Gemeindereferent*innen grundlegend verändert.

In den Änderungsanträgen zeigte sich bereits, dass einige Bischöfe die Aushöhlung des priesterlichen Dienstes und quasi dessen Abschaffung befürchteten.

Die Antragskommissionen nahm diese Bedenken auf und formulierte den Text wesentlich schwächer: Es sollte klar zwischen Krankensegnung und sakramentaler Krankensalbung unterschieden werden, nur noch „das Element der Versöhnung im Kontext der geistlichen Begleitung durch Laien“ sollte „theologisch vertieft und bedacht werden“, die Unterscheidung zum sakramentalen Dienst der Versöhnung sollte erhalten bleiben. Die Laienbeichte rutschte als historische Reminiszenz in die Fußnote. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ämtern und Diensten sollten bewahrt, das sakramentale Amt nicht beschädigt werden. Durch die Änderungsanträge lag der Schwerpunkt also nicht mehr auf Veränderung, sondern auf dem Erhalt des Status Quo. Aber auch dem konnten zu viele Bischöfe nicht zustimmen.

Also gab es einen weitergehenden bischöflichen Änderungsantrag, durch den das Thema Krankensegnung und -salbung komplett herausfiel, das Thema Laienbeichte erst recht, nur noch der Bedarf für die außerordentliche Taufspendung und die Eheassistenz durch Lai*innen sollte geprüft werden, von der Einführung war keine Rede mehr. Die Homilie für Lai*innen wurde unter den Vorbehalt einer Partikularnorm gestellt, damit von der Erlaubnis des Heiligen Stuhls abhängig gemacht und wahrscheinlich in absehbarer Zeit verunmöglicht. Die Prüfung der außerordentlichen Sakramentenspendung bzw. -assistenz kam unter den Vorbehalt eines Konsultationsprozesses. Von den ursprünglich angedachten Neuerungen war kaum noch etwas übrig geblieben.1

Der bischöfliche Änderungsantrag wurde von der Vollversammlung als ganzer angenommen. Die Frauen und diversen Mitglieder der Vollversammlung aber, deren Stimmen gesondert ausgewiesen wurden, lehnten ihn ab.2 Am Ende stimmte die Vollversammlung dem Kompromisstext zu, die bischöfliche Zweidrittel-Mehrheit wurde erreicht, die der nicht-männlichen Personen ebenfalls.

Letztlich ging es darum, wenigstens die kleinen Fortschritte zu retten. Trotzdem blieb Frust. Eine Beraterin des Frauenforums meinte: „Wir hätten auch unsere ersten Entwürfe der Deutschen Bischofskonferenz geben und sagen können: ‚Macht damit, was ihr wollt.‘“

Strukturell fühlte sich der Synodale Weg auf der letzten Etappe daher an wie eine Bischofssynode. Die Zustimmung der Lai*innen galt als gesetzt. Es waren die Bischöfe, die sich einigen mussten. Die Interventionen aus dem Vatikan hatten ihr Ziel erreicht.

Römisch-katholische Synodalität heißt in erster Linie Synodalität der Bischöfe. Lai*innen dürfen angehört werden, sind für die Beschlussfassung aber nur peripher relevant.

Bischöfliche Einigkeit bei einem Thema

Ist der Synodale Weg damit gescheitert? Hat er sich trotzdem gelohnt? Das wird die Zeit und vor allem die Art der Umsetzung zeigen. Dieser Beitrag soll mit einem vorläufigen Lichtblick enden.

Es gab zwei Texte, die sowohl von den Bischöfen als auch von der Vollversammlung die volle Zustimmung erhielten. Beide betrafen die Missbrauchsprävention. In einem Handlungstext des Priesterforums ging es um die Prävention von und den Umgang mit Priestertätern. Er wurde mit 100 % der Stimmen endgültig verabschiedet. Ein Handlungstext des Frauenforums beschäftigte sich mit spirituellem und sexuellem Missbrauch an Frauen. Dieser wurde in erster Lesung mit ebenfalls 100 % Zustimmung beschlossen und wird im Synodalen Ausschuss weiter behandelt. Damit zeigen Bischöfe und Lai*innen beim Kernthema und Ausgangspunkt des Synodalen Weges, dem Kampf gegen Missbrauch, Einigkeit. Die Umsetzung der Beschlüsse kann in drei Jahren für alle Diözesen überprüft werden. Sollten allein durch diese zwei Texte Leben gerettet werden können, dann hat sich der Einsatz gelohnt.

#synodalerweg


(Beitragsbild: @tashakostyuk)

1   Mittlerweile hat der Präfekt des Liturgiedikasteriums, Kardinal Arthur Roche, in einem Brief an den DBK-Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing sowohl die Predigt als auch die Taufspendung durch Lai*innen abgelehnt. Anzunehmen ist, dass auch diese Intervention durch die Beschwerde oder Anfrage eines oder mehrerer deutscher Bischöfe angestoßen worden ist. Der Kompromiss hat also weder den Rekurs auf Rom verhindern, geschweige denn eine Zustimmung des Heiligen Stuhls sichern können.

2  Vgl. Abstimmungsprotokoll, S. 7–8.

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April 3, 2023 at 07:56AM