TODOMAT: Der letzte Wille per Knopfdruck?

Todomat – Der letzte Wille per Knopfdruck?

Ein theologischer Blick auf den ersten Hinterlassenschafts-Konfigurator der Welt

Nie zu früh: Tod planen im Museum
Zwischen Grabmalen, Trauerkleidung und Totenkulten findet sich im Museum für Sepulkralkultur in Kassel ein Exponat, das irritiert, fasziniert – und zum Nachdenken anregt: der Todomat. Was auf den ersten Blick wie ein nostalgischer Fotoautomat wirkt, entpuppt sich als revolutionäres Instrument: der erste physische Hinterlassenschaftskonfigurator der Welt. Entwickelt vom Berliner Künstlerkollektiv M29, stellt der Todomat bis zu 20 Fragen rund um Tod, Abschied, Erinnerung, digitale Nachlassverwaltung und die letzte Ruhe. Wer möchte, kann seine Antworten anonym ausdrucken oder sich online zusenden lassen – als ganz persönliches Testament der Zukunft.

Doch nicht nur im Museum ist der Todomat nutzbar: Sein digitaler Zwilling auf http://www.todomat.org steht rund um die Uhr zur Verfügung und ist – jenseits von schwarzem Humor – ein erstaunlich ernstzunehmendes Werkzeug zur Reflexion über das eigene Ende.

Wie funktioniert der Todomat?
Ob analog oder digital – das Prinzip ist gleich:
Der Todomat stellt dem Nutzer Fragen wie:
• Wie möchtest du, dass mit deinem Körper umgegangen wird?
• Möchtest du eine Grabstätte oder lieber eine digitale Gedenkseite?
• Was soll mit deinen Daten passieren?
• Wer darf deine letzten Worte erfahren?

Je nach gewähltem Themenfeld entstehen individuelle Konfigurationen für eine selbstbestimmte Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Erbe. Dabei werden auch sensible Aspekte wie Geheimnisse, Schuld oder „verlorene Worte“ bedacht – Dinge, die viele Menschen oft ein Leben lang mit sich herumtragen, ohne sie je auszusprechen.

Der Todomat versteht sich nicht als rechtlich bindendes Instrument, sondern als Impulsgeber – ein niederschwelliger Einstieg, der Berührungsängste abbaut, Gespräche anstößt und Denkprozesse einleitet. Besonders wirksam ist er in Gruppenkontexten – etwa in Bildungseinrichtungen, Seelsorgekreisen oder Trauergruppen – wo er transformatives Lernen ermöglicht, wie die Sozialwissenschaftlerin Angelika Franzke in der Zeitschrift sub\urban darlegt.

Theologische Relevanz: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen…“
Der Todomat berührt zentrale Fragen des christlichen Glaubens – und das nicht nur oberflächlich. Was nach einem Kunstprojekt mit Kulturpreis-Ambitionen klingt, eröffnet bei genauerer Betrachtung tiefgreifende theologische Horizonte:
Endlichkeit bewusst machen: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Psalm 90,12). Der Todomat hilft, diesen biblischen Impuls greifbar zu machen – konkret, erfahrbar, existenziell.
Verantwortung übernehmen: Der eigene Tod ist nicht nur ein individuelles Ereignis, sondern betrifft auch andere. Wer vorsorgt, entlastet Angehörige, klärt offene Fragen und hinterlässt Spuren des Vertrauens.
Sterben als geistlicher Prozess: Die Fragen des Todomaten laden zur Selbstprüfung ein – fast wie eine digitale Exerzitienform. Was bleibt von mir? Was will ich loslassen? Was will ich weitergeben?

Vorbereitung auf Abschied und Ewigkeit
In einer Zeit, in der Tod oft verdrängt wird – sei es im Alltag, in der Kirche oder in den Medien –, wirkt der Todomat wie ein geistliches Werkzeug. Nicht im Sinne einer dogmatischen Belehrung, sondern als Einladung zur inneren Auseinandersetzung.

Er schafft Räume, in denen Menschen – ob gläubig oder nicht – über ihr Ende nachdenken dürfen. Er fragt nicht: Was musst du glauben? sondern: Was willst du hinterlassen? Und genau das macht ihn auch für Gemeinden, Hospizbegleitung oder Konfirmandenarbeit interessant. … und kann ein guter Anlass sein, mit einem vertrauten Menschen, PfarrerIn etc. das Thema zu vertiefen.

Zwischen Museum, Mensch und Ewigkeit
Der Todomat ist skurril, futuristisch, tiefgründig – und bemerkenswert sinnvoll. Er steht in Kassel, ist online erreichbar und könnte ein wichtiges Werkzeug sein, um den Tod zurück ins Leben zu holen. Nicht als Bedrohung, sondern als Teil eines bewussten, verantwortungsvollen Daseins.

Vielleicht ist der Todomat kein Automat für den Tod – sondern ein Impulsgeber für das Leben.

Mehr Informationen unter: http://www.todomat.orgVor Ort im Museum für Sepulkralkultur Kassel


Title: TODOMAT: Der letzte Wille per Knopfdruck?
URL: https://www.theology.de/themen/todomat—der-letzte-wille-per-knopfdruck.php
Source: RSS von theology.de
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Date: April 24, 2025 at 10:41PM
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