Umfrage zu KI: Jugendliche wollen Umgang mit Technologie erlernen – weshalb Schulen endlich eigene Tools brauchen

BERLIN. Texte blitzschnell verfassen lassen, die Antworten in wenigen Sekunden auf dem Handy anzeigen lassen: mit ChatGPT und Co. ist das inzwischen möglich. Schulen stellt die neue Technologie damit vor Herausforderungen, besitzt sie doch einiges Schummel-Potenzial. Jugendliche und junge Erwachsene sehen KI jedoch mehrheitlich als Chance – und nutzen die entsprechenden Instrumente auch im Unterricht, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Das erste Bundesland kündigt nun an, ein eigenes Tool entwickeln zu wollen.

KI macht keinen Halt vor Schulen, weshalb Lehrkräfte datenschutzkonforme Angebote brauchen – so die Forderung. Foto: shutterstock

In den meisten Schulen ist das Thema KI bisher kaum geregelt. Das zeigt die repräsentative Befragung „Pioniere des Wandels“ der Vodafonde Stiftung, für die infratest dimap 1.590 Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren befragt hat. Nur 17 Prozent der Befragten gaben hab, dass die KI-Nutzung an ihrer Schule erlaubt ist und es dazu auch Regeln gibt. Ansonsten hängt es der Umfrage zufolge von einzelnen Lehrkräften ab, wie damit umgegangen wird (38 Prozent). Und ebenfalls 38 Prozent der Befragten gaben an, dass die Nutzung von KI an ihrer Schule noch gar kein Thema ist.

Das ist ein ernüchterndes Ergebnis, geht doch die Mehrheit der jungen Erwachsenen (69 Prozent) davon aus, dass gute KI-Kenntnisse für ihre berufliche Zukunft wichtig sein werden. 67 Prozent rechnen außerdem damit, dass sich der Unterricht spätestens innerhalb der nächsten fünf Jahre verändern wird. 89 Prozent der 14- bis 20-Jährigen gaben an, dass sie sich vor allem für die Informationssuche von KI unterstützen lassen würden, 58 Prozent nutzen sie bereits zu diesem Zweck. 58 Prozent der Befragten wünschen sich außerdem, dass der Umgang mit KI-Anwendungen fester Bestandteil des Unterrichts wird.

Gefragt, ob sie die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) an Schulen eher als Chance oder Gefahr empfänden, antworteten 73 Prozent mit „eher als“ oder „eindeutig als“ Chance, nur 27 Prozent sehen eher Gefahren.

KI ist kein Allheilmittel

Die Debatte über die Technologie hatte spätestens mit der Freischaltung des Chatroboters ChatGPT für die breite Öffentlichkeit im November 2022 große Fahrt aufgenommen. Seitdem wird im Bildungsbereich darüber diskutiert, wie sich dadurch auch das Lernen verändern könnte. Da Programme wie ChatGPT genutzt werden können, um blitzschnell Vorträge, Hausarbeiten oder Textinterpretationen zu erstellen oder auch Mathe-Aufgaben zu lösen, werden negative Effekte auf das Lernverhalten und die Entwicklung des Urteilsvermögens von Schülerinnen und Schülern befürchtet.

Auch Jugendliche sind sich trotz der positiven Gesamteinstellung zu dem Thema möglicher Nachteile bewusst: Mehr als die Hälfte (57 Prozent) befürchtet, dass eigene Leistungen nicht von den Leistungen der KI unterschieden werden können, und rund jeder Zweite (49 Prozent) sieht eine Gefahr, durch die Nutzung von KI-Tools das Lernen an sich zu verlernen. Jeder dritte Befragte (34 Prozent) äußerte die Sorge, dass Schummeln nicht mehr entdeckt wird.

„KI-Tools sind hervorragend darin, uns bei der Strukturierung komplexer Themen zu unterstützen, aber sie ersetzen nicht den menschlichen Diskurs oder die sozial-emotionale Interaktion im Lernprozess. Ein konstruktiver, kritischer Umgang mit KI ermöglicht es, diese Technologie ausgewogen und zielführend im Bildungsbereich einzusetzen“, sagte Thomas Süße, KI-Experte und Professor für Ingenieurwissenschaften an der Hochschule Bielefeld anlässlich der Veröffentlichung der Studie. Lehrkräften empfiehlt er, die Technologien weniger als Allheilmittel, sondern mehr als eine neue Art Werkzeug zu betrachten, das den Lernprozess unterstützen und bereichern könne.

„Dynamische Entwicklung fordert Lehrkräfte besonders“

Noch sucht die Bildung nach gemeinsamen Antworten, wie genau ChatGPT und Co. im Unterricht eingesetzt werden können und wie KI-Technologien das Lehren und Lernen insgesamt verändern werden. Ende Januar hatte die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) Vorschläge zum Umgang mit KI in der Schule veröffentlicht (wir berichteten). Entsprechende Tools können ein Gewinn für den Unterricht sein, davon sind auch die Bildungsforscher*innen der SWK überzeugt – wenn die Voraussetzungen stimmen. Ein versierter Umgang der Schülerinnen und Schüler mit den KI-Instrumenten solle als neues Lernziel geübt und auch geprüft werden. Entsprechend müssten Lehrkräfte qualifiziert sein. „Die dynamische Entwicklung der Tools fordert die Lehrkräfte besonders“, heißt es in dem Impulspapier.

Zudem verweist die SWK auch auf „technologische, ethische und rechtliche Probleme“, die einen rechtmäßigen Einsatz im Schulbereich in Frage stellten. Die Forderung an die Bildungspolitik lautet daher: KI-Tools in geeignete Lernplattformen zu integrieren. Allen Lernenden und Lehrenden sollte ein kostenfreier oder günstiger Zugriff auf diese Tools ermöglicht werden. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Saarlands Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), betonte in einer Mitteilung: „Technologischer Fortschritt darf nicht zu stärkerer sozialer Ungleichheit führen, sondern die Chancen müssen für alle zugänglich sein.“

Kultusministerium plant KI-Tool für sächsische Schulen

Das sächsische Kultusministerium hat erste Schritte in diese Richtung angekündigt. Noch vor Beginn des Schuljahres 2024/25 solle den Lehrkräften ein neues KI-Tool zur Verfügung gestellt werden, teilte das Ministerium mit. Das Tool solle zunächst bei der Erstellung von Texten, später auch von Bildern unterstützen. So könnten Aufgaben mittels KI generiert werden, was die Unterrichtsvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung erleichtere. „In Vorbereitung sind auch Fortbildungen für Lehrkräfte, um die Einführung des Tools zu unterstützen“, hieß es in der Mitteilung weiter. Zu klären seien aktuell noch Fragen zur konkreten technischen Umsetzung, zur Finanzierung und zu datenschutzrechtlichen Anforderungen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte mehrfach kritisiert, dass datenschutzkonforme Angebote für Schulen fehlten. „Lehrkräfte und Schulen müssen sich selbst darum kümmern und tragen im Zweifel auch das Risiko“, sagte Burkhard Naumann, Landesvorsitzender der GEW Sachsen. Herausforderungen der Digitalisierung auf die Lehrkräfte abzuschieben, lehnt Naumann ab: „Die Politik muss ebenfalls ihre Hausaufgaben machen und die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen.“

Der Digitalverband Bitkom mahnte in der Vergangenheit ebenfalls, dass die Kultusministerkonferenz gefordert sei, schnellstmöglich ein gemeinsames Konzept zur Implementierung von KI im Unterricht vorzulegen – inklusive eines Finanzierungsmodells für den Erwerb von Lizenzen für digitale Lehr- und Lerninhalte. Zwar haben die meisten Bundesländer bereits Leitfäden für den Einsatz von KI im Unterricht herausgegeben, dennoch brauche es ein gemeinsames Vorgehen.

Laut KMK sei es das Ziel, den Umgang mit Künstlicher Intelligenz grundsätzlich länderübergreifend voranzubringen. Dazu wollen sich die Länder in diesem Jahr auf „einen gemeinsamen Rahmen einigen und bei konkreter Einbindung von KI in die schulischen Bildungsprozesse gemeinsame Wege gehen“. Die Federführung einer Arbeitsgruppe „KI an Schulen“ habe das NRW-Schulministerium übernommen. Derzeit würden Empfehlungen erarbeitet, erklärte das NRW-Schulministerium Anfang des Jahres. News4teachers mit Material der dpa

KI als „sokratischer Dialogpartner“: Wie sich Chatbots zum Lernen nutzen lassen


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Date: March 13, 2024 at 12:14PM
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