HANNOVER. Viele Schülerinnen und Schüler hätten wohl nichts dagegen: Die Linke plädiert für eine Abschaffung der Hausaufgaben – ebenso wie unlängst der Bürgerrat Bildung und Lernen. Niedersachsens grüne Kultusministerin zeigt sich skeptisch.

Niedersachsens Kultusministerium hält eine generelle Abschaffung von Hausaufgaben für unrealistisch. Zwar hätte diese den Vorteil, dass gerade Kinder an Ganztagsschulen nicht auch nachmittags weiter arbeiten müssten, teilte das Ministerium von Julia Willie Hamburg (Grüne) auf Anfrage mit. Allerdings gebe es Übungen und Vertiefungen, die sinnvollerweise zu Hause erledigt werden sollten – etwa, um sich auf eine Klausur vorzubereiten, Vokabeln zu lernen oder ein Orchesterstück einzuüben. Das funktioniere nicht ausschließlich in der Schule.
Viele Schulen in Niedersachsen verzichteten bereits weitgehend auf Hausaufgaben. An Ganztagsschulen würden Hausaufgaben überwiegend in den Schultag integriert und Selbstlernzeiten angeboten. Einige Hausaufgaben wie Lektüren oder Referate müssten die Schülerinnen und Schüler aber auch dort erarbeiten. «Auch klassische Hausaufgaben können den Unterricht ergänzen und unterstützen den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler», hieß es.
Wichtig sei, dass die Hausaufgaben in den Unterricht eingebunden seien und von den Schülerinnen und Schülern selbstständig erledigt werden könnten. Das stärke ihre Selbstlernkompetenz. Benotet werden dürfen Hausaufgaben in Niedersachsen nicht.
Linke: Hausaufgaben eine «Klassenfrage»
Die Linke im Bund fordert bereits seit längerem eine Abschaffung der Hausaufgaben. «Hausaufgaben sind auch eine Klassenfrage», sagte Linken-Chef Jan van Aken vergangene Woche dem Magazin «Stern». Die Chancen für Kinder von Akademiker-Eltern stünden dabei besser als bei anderen. Das Lernen gehöre daher in die Schule und nicht ins Wohnzimmer.
Anfang des Jahres hatte sich auch der von der Montag Stiftung Denkwerkstatt ins Leben gerufene Bürgerrat Bildung und Lernen mit rund 700 Teilnehmern mehrheitlich für eine Abschaffung der Hausaufgaben ausgesprochen (News4teachers berichtete) – sie sollten durch „Vertiefungsstunden“ ersetzt werden. Dadurch, so die Hoffnung des Bürgerrats, könnten Chancengerechtigkeit, Lernfreiheit und die Lernverantwortung der Schülerinnen und Schüler gefördert werden.
Auch der neuseeländische Bildungsforscher Prof. John Hattie hatte sich zum Thema zu Wort gemeldet. Mit Blick auf eigene Studienergebnisse erklärte er: „Nehmen wir die Hausaufgaben in der Grundschule. Manche denken, weil sie eine niedrige Effektstärke haben, seien sie unwichtig. Viele Schulen haben Hausaufgaben aufgrund meiner Forschung abgeschafft. Aber das ist falsch. Eine geringe Effektstärke bedeutet zunächst nur, dass wir noch nicht die richtige Umsetzung gefunden haben. Hausaufgaben haben etwa in der Sekundarstufe einen viel größeren Effekt. Der Unterschied ist, dass Hausaufgaben in der Sekundarstufe meist das Üben dessen beinhalten, was schon gelernt wurde. In der Grundschule sind es eher Projekte oder Aufgaben, bei denen die Eltern stark involviert sind, was den Effekt negativ beeinflusst. Es geht also nicht darum, Hausaufgaben abzuschaffen, sondern darum, die Art der Aufgaben zu überdenken.“ (News4teachers berichtete.)
SPD: Hausaufgaben bei gutem Ganztag überflüssig
Im niedersächsischen Landtag ruft die Diskussion über die Hausaufgaben gemischte Reaktionen hervor. Der SPD-Abgeordnete Stefan Politze sagte, seine Fraktion sehe klassische Hausaufgaben kritisch – «insbesondere im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit».
Das Lernen müsse stärker in den Alltag der Schule integriert werden, forderte Politze. Entscheidend sei dafür der Ausbau von Ganztagsschulen mit qualifiziertem Personal. Wo guter Ganztag gelinge, seien klassische Hausaufgaben überflüssig. «Schülerinnen und Schüler lernen dort unter Anleitung – und haben nachmittags Zeit für Freizeit, Sport, Kultur oder einfach Erholung.» An Schulen ohne Ganztag oder mit zu wenig pädagogischem Personal seien Hausaufgaben indes derzeit kaum zu ersetzen.
CDU: «Hausaufgaben fördern Eigenverantwortung»
Die CDU-Fraktion sprach sich dagegen klar für einen Erhalt von Hausaufgaben aus, wenn diese differenziert und pädagogisch sinnvoll ausgestaltet werden. «Hausaufgaben fördern Eigenverantwortung, Selbstorganisation und die Vertiefung des Gelernten», sagte der Landtagsabgeordnete Christian Fühner. «Soziale Ungleichheiten lassen sich nicht durch eine Nivellierung von Anforderungen beseitigen, sondern durch gezielte Unterstützung – etwa durch Hausaufgabenbetreuung, Ganztagsangebote und Schulsozialarbeit.» News4teachers / mit Material der dpa
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Title: Ungerecht? Diskussion um Hausaufgaben kocht hoch – Kultusministerin hält Abschaffung für unrealistisch
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Date: April 8, 2025 at 06:35AM
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