Wie steht es um die Gesundheit von Lehrkräften? Kultusminister tauchen ab

BERLIN. Wegen der hohen Belastung fallen immer mehr Lehrkräfte langfristig aus oder verlassen den Beruf frühzeitig – doch es gibt kaum belastbare Daten. Eine OECD-Vergleichsstudie könnte helfen, Ursachen zu identifizieren und gezielt gegenzusteuern. Doch Deutschland nimmt aufgrund eines KMK-Beschlusses nicht teil. Der VBE kritisiert das scharf.

Alles paletti. Illustration: Shutterstock

„Während der Lernenden-Bereich durch vielfältige Erhebungen beleuchtet wird, fehlen Daten zur Gesundheit und zum Wohlbefinden von Lehrkräften“, kritisiert der VBE Bundesvorsitzende Gerhard Brand. Schon seit der ersten Durchführung von TALIS (Teaching and Learning International Survey der OECD; gemeinhin auch als „Lehrkräfte-PISA“ betitelt) fordert der VBE deshalb eine Beteiligung Deutschlands hieran. Doch die Kultusministerkonferenz fasste 2005 den folgenreichen Beschluss, dies nicht zu tun.

Brand kommentiert: „Bis heute ist der Beschluss weder öffentlich einsehbar, noch gibt es eine einleuchtende Erklärung. Wenn zum Beispiel der Datenschutz eine so gewichtige Rolle spielen würde, dürften wir erst recht nicht an PISA teilnehmen. Zudem beweist doch die Teilnahme des Kita-Personals aus Deutschland an der ‚TALIS Starting Strong‘-Studie, dass eine deutsche Beteiligung möglich ist.“

„Der hohe Fachkräftemangel und der enorme Druck, der damit für Bestandslehrkräfte entsteht, hat Folgen“

Aus diesem Grund ist der VBE jetzt einen Schritt weitergegangen: Bundes- und jeweilige Landesvorsitzende haben gemeinsam die Kultusministerien der Länder angeschrieben. Ziel ist, dass die Frage einer Beteiligung erneut auf die Agenda in den Landesministerien kommt – und in der Bildungsministerkonferenz ein entsprechender Beschluss forciert wird. „Die Gelegenheit ist günstig: Für TALIS 2030 können sich Länder, die teilnehmen möchten, noch bis 2026 melden – ausreichend Zeit für die Befassung und das Einplanen in den Haushalt.“

Dass das notwendig ist, zeigen Daten, die der Verband in repräsentativen forsa-Schulleitungsbefragungen erheben ließ: So sahen im Herbst 2023 60 Prozent der Schulleitungen einen Anstieg langfristiger, krankheitsbedingter Ausfälle (News4teachers berichtete). Dies gilt sowohl für physische als auch psychische Erkrankungen. Diese Werte sind im Vergleich zu vorherigen Befragungen deutlich gestiegen. Im Jahr 2019 sagte mehr als ein Drittel der Befragten, dass Erkrankungen zugenommen haben. Im Jahr 2021 war es die Hälfte. Brand kommentiert: „Der hohe Fachkräftemangel und der enorme Druck, der damit für Bestandslehrkräfte entsteht, hat Folgen. Doch welche das sind, und wie ihnen adäquat begegnet werden kann, muss eine Datenerhebung und -auswertung zeigen.“

In dem Brief, der den Ministerien in diesen Tagen zugeht, legt der VBE dar, weshalb eine Teilnahme an TALIS notwendig ist. Dabei werden fünf Punkte fokussiert:

Erstens: „Wer gesunde Schulen will, braucht gesunde Lehrkräfte – und die richtigen Daten, um Arbeitsbedingungen gezielt zu verbessern. Wir brauchen die Erfassung des Status Quo, um darauf aufbauend Gegenmaßnahmen zu konzipieren und anzuwenden. Dabei sichert die Evidenzbasierung des Handelns langfristige Erfolge“, so schreibt der VBE.

Zweitens: „Länder haben längst erkannt, wie wichtig Lehrkräftegesundheit ist – und arbeiten mit TALIS-Daten an besseren Lösungen. Deutschland sollte von diesen Erkenntnissen profitieren und selbst mit erfolgreichen Maßnahmen Vorbild sein.“  Deutschland brauche, drittens, dringend mehr Lehrkräfte. „Aber unter den aktuellen Bedingungen wird der Beruf zunehmend unattraktiv, während der akute Mangel weiter bestehen bleibt. Bessere Arbeitsbedingungen helfen, mehr Lehrkräfte zu gewinnen und im Beruf zu halten. Das ist nicht nur gut für die Schulen, sondern spart langfristig auch Kosten durch weniger Krankheitsausfälle und Frühverrentungen/-pensionierungen.“

Vierter Punkt: Wertschätzung. Die im System befindlichen Lehrkräfte hätten Jahre hinter sich, die geprägt gewesen seien von Fachkräftemangel, steigenden Herausforderungen und immer mehr Verwaltungsaufgaben. „Sie arbeiten unter enormen Druck. Gleichzeitig wird das Bildungssystem oft angegriffen und kritisiert. TALIS bietet auch die Möglichkeit, gerade denjenigen Wertschätzung entgegenzubringen, die in schwierigen Zeiten mit höchstem Engagement die Schulen am Laufen halten: die Lehrkräfte“, so meint der VBE.

Last but not least: „Mehr Motivation führt zu besseren Bildungsergebnissen.“ Studien belegten, dass Leistungen der Schülerinnen und Schüler bei motivierten Lehrkräften besser seien. „TALIS könnte aufzeigen, welche Maßnahmen in anderen Ländern dazu beitragen, Lehrkräfte motiviert zu halten. Die Ergebnisse helfen mittlerweile allen am Bildungssystem Beteiligten.“

Brand fasst zusammen: „Die Frage ist nicht, ob sich Deutschland TALIS leisten kann, sondern, ob wir es uns leisten können, weiter darauf zu verzichten. Es ist höchste Zeit, Lehrkräftegesundheit endlich ernst zu nehmen!“ News4teachers

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Date: March 29, 2025 at 07:14AM
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