Wir Lehrer sind einfach müde! – Leserbriefe

Wir Lehrer sind einfach müde! – Leserbriefe

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Zur Situation an den Schulen im Land und zur Belastung der Lehrer wird uns diese Meinung zugesandt:

Wir betreiben Inklusion, wir unterrichten Schüler und Schülerinnen, die kein Deutsch sprechen und teilweise schwer traumatisiert sind. Wir fördern begabte Schüler, um sie auf ein Studium vorzubereiten und schwache Schüler, um ihnen ein Leben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Das tun wir, weil es sich lohnt.

Wir diagnostizieren, dokumentieren und interpretieren. Das tun wir, weil es sich lohnt. Wir beraten Eltern in erzieherischen Fragen und erziehen Schüler zu selbstständig denkenden und reflektierten Menschen, die für ihr Handeln Verantwortung übernehmen. Das tun wir, weil es sich lohnt. Wir arbeiten mit Psychologen, dem Jugendamt und anderen Schulen Hand in Hand. Wir gehen individuell auf Bedürfnisse aller am Schulleben Beteiligten ein. Nur so können wir sicher sein, dass jeder Einzelne ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft bleibt und wird. Das tun wir, weil es sich lohnt.

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Veröffentlicht
Von
Stefanie Ball

Dies alles ist schon schwierig genug. Viele Lehrkräfte sind damit schon lange überfordert und bearbeiten daher nur noch „die Spitze des Eisbergs“. Erfolge kann man nur selten verbuchen. Resignation ist an der Tagesordnung. Wir bauen unsere Kollegen und Kolleginnen auf und nehmen ihnen Arbeit ab. Das tun wir, weil es sich lohnt.

Ich bin eine engagierte Lehrerin einer Gemeinschaftsschule und fühle mich schon lange nicht mehr wertgeschätzt von unserem Kultusministerium. Vor sieben Jahren haben wir uns auf den Weg gemacht, eine neue Schulart aus dem Boden zu stampfen. Wir haben uns fortgebildet und Konzepte für differenzierten Unterricht entwickelt, um Haupt-, Real- und Gymnasialschüler gemeinsam unterrichten zu können. Das tun wir, weil es sich lohnt. Wir haben Raumkonzepte entworfen und mit einem Architekten einen Neubau geplant. Das alles neben unserem normalen Unterrichtsauftrag, in unserer Freizeit. Wir sind stolz auf unsere Arbeit und unsere Schule. All das tun wir, weil es sich lohnt.

Alles was als Lösung für die Bekämpfung des Lehrermangels vorgeschlagen wird, macht diesen anspruchsvollen Beruf nicht attraktiver. Und jede Lehrkraft, die diesen Beruf mit Herzblut ausübt und der die Bildung unserer Kinder am Herzen liegt, wird vor den Kopf gestoßen. Wir können unserem Bildungs- und Erziehungsauftrag schon lange nicht mehr so gerecht werden, dass es unserem Anspruch entspricht und wir sind müde – lohnt sich das alles überhaupt?

Wir sind müde davon, alles ausbaden zu müssen, was von politischer Seite nicht geleistet wird. Wir sind müde, schlecht durchdachte Konzepte zu durchdenken und anzupassen – lohnt sich das? Wir sind müde davon, immer mehr Aufgaben zu übernehmen, weil an allen Ecken und Enden gespart wird – lohnt sich die Arbeit überhaupt? Wir sind müde davon, Unterrichtsausfälle zu kompensieren. Wir sind müde!

Wir brauchen keine Fortbildungen für Lehrergesundheit, sondern Zeit, um gesund zu bleiben. Wir brauchen keine neuen Konzepte, wir brauchen Zeit um bestehende Konzepte umzusetzen. Wir brauchen Zeit für Schulentwicklung, Zeit für Diagnose, Zeit für individuelle Förderung, Zeit für didaktisch sinnvolle Konzepte und Zeit für Beziehungsarbeit.

All das würde dabei helfen, unsere Schüler zu begleiten und auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Ich schreibe hier als private Person und repräsentiere keine Institution.

Eine noch engagierte Lehrerin!

Christina Maier, Waghäusel

via Aktuelle Nachrichten aus Schwetzingen und der Region – Schwetzinger Zeitung

February 11, 2023 at 01:32PM