Woher kommt das Desinteresse von Schülerinnen und Schülern am Unterricht?

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Die Qualität des Unterrichts und insbesondere das Interesse der Lernenden hängen stark von der Lehrkraft ab, denn wenn Lehrerinnen und Lehrer lediglich Inhalte „abspulen“, etwa um einem vorgegebenen Lehrplan zu folgen, riskieren sie, dass Schülerinnen und Schüler das Interesse am Unterricht verlieren. Dies gilt besonders im schulischen Kontext, wo Schüler durch Schulpflicht zur Teilnahme gezwungen sind und nicht, wie in freiwilligen Bildungseinrichtungen (z. B. Volkshochschulen), aus eigenem Antrieb teilnehmen. In einem solchen Umfeld ist es umso wichtiger, Methoden einzusetzen, die die aktive Beteiligung und das Interesse der Lernenden fördern. Ein zentraler Weg zu mehr Engagement und Motivation im Unterricht ist die Einbindung kooperativer und aktivierender Lernmethoden – insbesondere der Gruppenarbeit. Wenn Lernende die Möglichkeit erhalten, sich zunächst in Kleingruppen über ein Thema auszutauschen, entwickeln sie ein persönliches Interesse am Lerngegenstand. Diese Aktivierung vor der eigentlichen inhaltlichen Vermittlung schafft eine höhere Relevanz des Themas aus Sicht der Schüler und führt dazu, dass sie offener und aufmerksamer für weiterführende Informationen sind. Diese Herangehensweise steht im Kontrast zu einem lehrerzentrierten Unterricht, bei dem die Schüler in eine passive Zuhörerrolle gedrängt werden.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit dieser partizipativen Unterrichtsformen. Der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie (2009) zeigt in seiner Metaanalyse, dass die Lehrperson einen der größten Einflüsse auf den Lernerfolg hat – stärker noch als Klassengröße oder Ausstattung. Zentral dabei ist nicht nur das Fachwissen, sondern die Fähigkeit, Lernende aktiv zu beteiligen und Unterricht so zu gestalten, dass Motivation und Interesse gefördert werden. Kooperative Lernformen wie Gruppenarbeit bieten hier ein großes Potenzial. Sie ermöglichen es Lernenden, in einen sozialen Austausch zu treten, unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen und sich Wissen durch eigene Denkprozesse anzueignen. Johnson, Johnson und Holubec (2002) betonen in ihren Arbeiten zur kooperativen Didaktik, dass gemeinsames Lernen nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch die sozialen Fähigkeiten und die Motivation stärkt. Durch Gruppenarbeit übernehmen Schüler Verantwortung für ihren Lernprozess und erleben Selbstwirksamkeit – ein zentraler Faktor für erfolgreiches Lernen.

Auch aus motivationspsychologischer Sicht lässt sich der Vorteil partizipativer Unterrichtsformen begründen. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (2002) geht davon aus, dass Menschen dann besonders motiviert sind, wenn sie sich autonom, kompetent und sozial eingebunden fühlen. Gruppenarbeit bedient all diese Grundbedürfnisse: Lernende gestalten den Lernprozess aktiv mit (Autonomie), erleben Lernerfolge im Austausch (Kompetenz) und arbeiten gemeinsam mit anderen (soziale Eingebundenheit).

Die Lehrperson spielt daher eine zentrale Rolle dabei, ob Unterricht als interessant erlebt wird oder nicht, denn win rein frontaler, lehrplanorientierter Stil birgt die Gefahr, dass Schüler und Schülerinnen passiv bleiben und sich innerlich vom Lernprozess abkoppeln. Dagegen fördern aktivierende Methoden wie kurze Gruppenarbeitsphasen zu Beginn einer Unterrichtseinheit das Interesse und die kognitive Beteiligung der Lernenden. Solche Ansätze sind nicht nur motivierend, sondern nachweislich lernwirksam – besonders in einem Bildungssystem, in dem nicht alle Lernenden freiwillig und intrinsisch motiviert teilnehmen.

Literatur

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2002). Handbook of self-determination research. University of Rochester Press.
Hattie, J. (2009). Visible learning: A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. Routledge.
Johnson, D. W., Johnson, R. T., & Holubec, E. J. (2002). Cooperation in the classroom (8th ed.). Interaction Book Company.


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Title: Woher kommt das Desinteresse von Schülerinnen und Schülern am Unterricht?
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Source: – Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Pädagogik
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Date: May 13, 2025 at 04:29PM
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