Bätzing: Erleichterung und Sorge nach Ad Limina-Besuch

Bätzing: Erleichterung und Sorge nach Ad Limina-Besuch

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat am Ende des einwöchigen Besuchs im Vatikan eine gemischte Bilanz gezogen. Einerseits sei er erleichtert, dass alle Themen angesprochen werden konnten. „Keiner kann mehr sagen, ich habe das nicht gehört“, betonte Bätzing bei seiner Abschluss-Pressekonferenz am Samstagmorgen. Andererseits fahre er mit einer „gewissen Sorge nach Hause, welche Dynamik die synodalen Prozesse entfalten“. Bätzing machte deutlich, dass die deutsche Kirche keinen Sonderweg einschlagen werde „und sie wird auch keine Entscheidungen treffen, die nur im universalkirchlichen Kontext möglich wären“. Zeitgleich mit der Pressekonferenz des Vorsitzenden wurde auch dessen Statement beim Treffen mit mehreren Kurienchefs am Freitag veröffentlicht. Darin verwahrte sich Bätzing gegen den Vorwurf, der Synodale Weg der Kirche in Deutschland suche ein Schisma oder führe in eine Nationalkirche. Sowohl in seinem Statement als auch bei der Pressekonferenz bemängelte er, dass ein großer Teil des Synodalen Wegs, die Laien, bisher von dem Austausch mit der Römischen Kurie ausgeschlossen sei. Dass Papst Franziskus am Freitag nicht zu dem Treffen kam, habe zunächst irritiert, so der Limburger Bischof. Im Nachhinein bewertet er es aber eher positiv. „Der Papst ist ein schlauer Jesuit. Der hat uns mal untereinander unter Brüdern ringen lassen“, so Bätzing.

Das Medieninteresse war groß bei der Pressekonferenz von Bischof Georg Bätzing am Samstagmorgen in Rom. Kolleginnen und der Kollegen aus den USA, Frankreich, Italien und anderen Ländern hatten viele Fragen an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. (Quelle: AP/Riccardo De Luca)

Unterschiede klar benannt

Rund um die Pressekonferenz des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz kam dann doch noch etwas Licht in manches Dunkel der fünftägigen Beratungen der deutschen Oberhirten im Vatikan. So erläuterte Bätzing auf Nachfrage, wo die größten inhaltlichen Unterschiede zwischen den deutschen Bischöfen und dem Vatikan lägen. Wenig überraschend nannte er die Frauenordination als ein Beispiel für eine rote Linie von Seiten Roms. Interessant ist, dass es auch beim Verständnis des Bischofsamts Differenzen gibt. Kardinal Marc Ouellet, Chef des Bischofsdikasteriums, sehe die erste Aufgabe des Bischofs darin, die Weltkirche bei der Ortskirche zu vertreten. „Das ist nicht meine Sicht“, erklärte Bätzing. Er sehe sich in erster Linie als Bischof seiner Ortskirche und Bindeglied zur Weltkirche. Kritisch wird in Rom offenbar vieles gesehen, was rund um Sexualmoral und Geschlechteridentität beim Synodalen Weg diskutiert wird. Auch bei der Frage nach der Hermeneutik gibt es unterschiedliche Sichtweisen, bei der Frage ob und wie Lehrentwicklung gehen kann und wo es nicht möglich ist.

Mehrfach hätten deutsche Bischöfe konkrete Entscheidungsfragen an die Vertreter der Römischen Kurie gestellt, ohne darauf eine klare Antwort zu erhalten, berichtete Bätzing. Aus seinen Ausführungen war klar zu erkennen, dass es sich dabei vor allem um Kritiker des Synodalen Wegs handelte. So hätten diese etwa eine klare Position zum Synodalen Rat erbeten, die von Vatikanseite nicht geäußert worden sei. Damit wurden mit den Beratungen dieser Woche offenbar auch keine Türen zugeschlagen. Für die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, ist bei der Debatte um den Synodalen Rat in Rom deutlich geworden, dass die deutschen Bischöfe selbst noch Zeit bräuchten, um ihre Position zu klären. Hier scheint es noch großen Abstimmungsbedarf zu geben. Bischof Bätzing betonte in seinem Statement bei der Pressekonferenz zweimal ausdrücklich, dass die unterschiedlichen Meinungen aus der Bischofskonferenz vorgebracht worden seien. Damit wollte er signalisieren, dass nicht nur Mehrheitspositionen vorgestellt wurden. Gerade in den Debatten des Synodalen Wegs kritisiert die Minderheit derer, die vieles nicht mittragen wollen, dass ihre Stimme nicht richtig gehört und verzeichnet wird. Während Bätzing die Offenlegung der Pluralität positiv sieht, waren aus der Kurie Stimmen zu hören, die Gespräche hätten bezeigt, wie tief die Gräben in der Konferenz seien.

Nichts Neues zu Köln

Die Vorgänge im Erzbistum Köln wurde laut Bätzing in der vergangenen Woche zweimal angesprochen. Man habe deutlich gemacht, dass die Situation zunehmend unerträglich sei sowohl für Kardinal Rainer Maria Woelki als auch für die Gläubigen, dass es dringend eine Lösung brauche „und zwar bald“. Kardinal Ouellet habe kaum etwas zu dem Thema gesagt. Das erklärt sich der Konferenzvorsitzende damit, dass der Papst die Causa an sich gezogen habe und der Kardinal damit mehr oder weniger aus dem Spiel sei. Franziskus wiederum habe beim Treffen am Donnerstag versucht, seine Position, sein Ringen und Abwägen deutlich zu machen. Ob und wann es eine Entscheidung geben wird, bleibt damit weiter offen.

Bätzing kündigte an, dass ein Protokoll des Treffens mit den Dikasterienchefs vom Freitag erstellt werde, das unter allen Teilnehmenden abgestimmt wird. Dieses soll dann einsehbar sein, so dass die Diskussionen auch für Nichtbeteiligte nachvollziehbar werden. Zudem werden die Kardinal Ladaria, Glaubensdikasterium, und Ouellet, Bischofsdikasterium, in einem Brief ihre Bedenken und Einwände zum Synodalen Weg zusammentragen. Dieser könne aus Sicht des Konferenzvorsitzenden kein Schlusspunkt sein, sondern nur ein Schritt zur weiteren Klärung der Positionen. Wie die Fortsetzung des „Zuhörens und des gegenseitigen Dialogs“ in den kommenden Monaten aussehen soll, die am Ende der Sitzung vereinbart wurde, ist noch offen. Man habe verschiedene Optionen besprochen, so Bätzing, etwa die Idee eines Runden Tischs. Allerdings hätten die Bischöfe deutlich gemacht, dass dies nur mit Beteiligung der Laien akzeptabel wäre. Dass der Papst zu dem zweiten Treffen nicht kam, war Vatikanintern bereits seit längerer Zeit klar. Es kann also nicht als Reaktion auf die Audienz vom Donnerstag und das Auftreten der Bischöfe während der Woche gedeutet werden. Durch sein Fernbleiben hält er sich ebenfalls eine Tür offen, zu einem späteren Zeitpunkt einzugreifen. Er wird am Ende das entscheidende Machtwort sprechen.

Reaktion Roms offen

„Gut gebrüllt, Löwe! Aber über die Größe des Geheges und den Platz für freie Entscheidungen entscheiden andere.“ So fühlt es sich nach einer Woche intensiver Debatte im Vatikan an. Die deutschen Bischöfe sind in Rom selbstbewusst aufgetreten. Die Reformwilligen werden sich nicht vorwerfen lassen können, sie hätten nicht für die Anliegen des Synodalen Wegs gekämpft. Doch einige der Bischöfe, die schon länger dabei sind, fühlten sich an 1999 erinnert. Damals kämpften die deutschen Bischöfe mit noch größerer Mehrheit für den Verbleib der katholischen Kirche im staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung. Am Ende zwang sie der Vatikan zum Ausstieg. Kommt es jetzt zu einem ähnlichen Vorgehen?

Noch ist nicht klar, welchen Preis die Bischöfe werden dafür zahlen müssen, dass das vom Vatikan geforderte Moratorium abgelehnt wurde. In der gemeinsamen Erklärung vom Freitagabend heißt es mit den Worten von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, dass das, was bei dem Treffen besprochen wurde, „nicht außer Acht gelassen werden darf“. Wird die Kurie jetzt klare rote Linien benennen? Das selbstbewusste Auftreten der Mehrheit der deutschen Bischöfe könnte auch zu einer weiteren Verhärtung der vatikanischen Positionen führen. Auf beiden Seiten werden die Gespräche der vergangenen Woche jetzt ausgewertet. Die Gegner der Reformen des Synodalen Wegs wie fühlen sich bestärkt. das machte etwa Bischof Stefan Oster am Samstag in einer ersten Stellungnahme deutlich. Die Befürworter klammern sich an die Hoffnung, dass kaum eine Tür zugeschlagen wurde. Die große Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken, die von all dem betroffen sind, bleiben erst einmal wieder nur Zuschauer.

Religion

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November 19, 2022 at 06:12PM