„Digitale Gespenster“ / Schoah-Überlebende nicht als Hologramme darstellen

„Digitale Gespenster“ / Schoah-Überlebende nicht als Hologramme darstellen

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In der Debatte über die Zukunft von Erinnerungskultur sieht der jüdische Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik digitale Projekte skeptisch. So sprach er sich in einem am Dienstag verbreiteten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur gegen den Auftritt von Schoah-Überlebenden als Hologramme aus. „Ich bin entschieden dagegen, dass gleichsam digitale Gespenster als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Geschichte ist Geschichte, und man kann das Geschehene nicht elektronisch wieder auferstehen lassen.“

Holocaust ist die nahezu weltweit gebräuchliche Bezeichnung für den Völkermord an der jüdischen Bevölkerung Europas durch die Nationalsozialisten. Ihm fielen etwa sechs Millionen Menschen zum Opfer. In Polen wurden rund 90 Prozent der Menschen jüdischen Glaubens umgebracht, in anderen europäischen Ländern wie in Ungarn oder den Niederlanden mehr als 70 Prozent. Der Begriff Holocaust stammt vom griechischen Wort „holokauston“ und bedeutet Brandopfer (wörtlich: „ganz verbrannt“).

Zeitzeugen in Filmen

Wenn es um eine mediale Vermittlung gehe, könne er sich Filme wie Claude Lanzmanns „Shoah“, in dem zahlreiche Überlebende zu Wort kommen, sehr viel besser vorstellen. Brumlik betonte auch, dass Zeitzeugen eine große Bedeutung für die Bildung zukomme: „Wenn es nur um Belesenheit geht, reicht das zweifelsohne nicht. Es kommt auch darauf an, dass das, was da gelesen und rezipiert wird, durch Zeitzeugengespräche – lange wird das nicht mehr gehen – ergänzt wird, um angemessen moralisch aufgenommen und verstanden zu werden.“

Pflichtbesuche in KZ-Gedenkstätten

Brumlik sprach sich erneut für Pflichtbesuche in KZ-Gedenkstätten aus – allerdings unter bestimmten Voraussetzungen: „Ohne Vor- und Nachbereitung sind solche Besuche sinnlos. Sie gehen sonst an den Schülerinnen und Schülern vorbei.“ Besuche müssten gründlich ein halbes Jahr lang vorbereitet und danach ordentlich etwa im Geschichtsunterricht nachbereitet werden. In der Frage nach der Konzeption von Gedenkstätten sagte der Erziehungswissenschaftler, ihn habe bisher am meisten überzeugt, wenn es gelinge, Jugendlichen die Lebensgeschichten von Häftlingen nahezubringen.

 

Religion

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October 25, 2022 at 09:06AM