Nun hat also Papst Franziskus für die Arbeit an wichtigen eingereichten Themen aus der Weltkirche zehn[1] (genauer elf: eine wird geteilt) wichtige Themen aus der Synodenversammlung im Oktober 2024 outgesourct. Für sie wurden „Studiengruppen“ eingerichtet. Diese sollen mit Expertinnen und Experten des Kirchenrechts und der Theologie besetzt werden. Mitwirken werden in diesen auch die Internationale Theologen-Kommission sowie die Päpstliche Bibelkommission. Angesiedelt sind sie an einschlägigen vatikanischen Dienststellen.
Bis zum 5. September 2024 werden sie einen Zwischenbericht erstellen. Dieser liegt den Synodalinnen und Synodalen der Weltsynode 2024 vor, die vom 2.-27. Oktober stattfinden wird. Dort werden die Berichte wohl andiskutiert. Entscheidungen werden nicht getroffen. Es geht vielmehr um eine Beratung der Arbeitsgruppen durch die Synode selbst. Abzuschließen ist deren Arbeit bis zum Juni 2025. Offen ist, was mit den Ergebnissen geschehen wird.
Theologiedefizit abbauen
Diese Vorgangsweise hatte sich schon angekündigt. Bei der Pressekonferenz nach der Versammlung 2023 hatte Kardinal Grech gesagt, die Arbeitsweise der Synode müsse weiterentwickelt werden. Es sei zwar ein guter Beginn gewesen, wenn jeder auf den anderen hört, um Gottes Geist wahrzunehmen und die Geister zu unterscheiden. Das ist angebracht, weil manche Positionen eher der eigenen Ideologie, „dem eigenen Vogel“ könnte man wienerisch sagen, entsprungen ist denn dem Geist Gottes. Auch sei der spontane „Bauch-Geist“ allein unzureichend. Es brauche auch den „Kopf-Geist“. Also die Kraft der Theologie. Das Zweite Vatikanische Konzil ist ein Musterbeispiel dafür: Was wäre es gewesen ohne de Lubac, Rahner, Congar, Ratzinger u.v.a. Jetzt werden also endlich theologische Fachleute eingebunden. Es ist höchste Zeit.
Hier kann man auch eine Verneigung vor dem Synodalen Weg in Deutschland machen. Dieser hat eine Menge bester Theologinnen und Theologen nicht nur in „Studiengruppen“, sondern als stimmberechtigte Synodalinnen und Synodalen. Das wäre auch in der Weltsynode wohl besser gewesen. Aber wie gesagt: Jetzt endlich werden die Fachleute eingebunden.
Konzentration auf Synodalisierung
Nicht wenige werden durch diesen (gewiss unverzichtbaren) Schritt des Papstes enttäuscht werden. Sie hatten sich von der Weltsynode 2021-2024 erhofft, dass endlich die seit dem Konzil liegengeblieben Reformthemen angegangen werden: Frauenämter, Lebensform der Priester, Sexualmoral. Dazu hatten sie diese Themen auf den Synodentisch gelegt. Jetzt heißt es neuerlich „bitte warten“. Eine ekklesiologische Geduldprobe für Reformer, eine Zeit der Bange für deren Gegner.
Das bringt allerdings der Synode die Freiheit, sich mit voller Kraft auf die Synodalisierung der Weltkirche zu konzentrieren. Gerade dafür wurden auch fünf „Arbeitsgruppen“ eingerichtet. Darin sehe ich den Schlüssel dafür, dass die Weltkirche endlich in die vielfältigen Kulturen eintauchen kann. Die weltkirchliche Stagnation kann durch Regionalisierung beendet werden. Unterschiedliche kontinentale Kirchenkulturen werden möglich. Die Zeit des uniformistischen Gleichschritts geht zu Ende. Die Kontinentalisierung, also die Rückkehr zur alten Institution der „Patriarchate“ (ein alter Vorschlag des grandiosen und weitsichtigen Mailänder Kardinals Carlo M. Martini), wird allerdings in manchen Fragen nicht ausreichen. Ost- und Westeuropa auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wird noch lange dauern und hohe organisationsentwicklerische Kunst verlangen.
Auf den Papst kommt nach gelungener Dezentralisierung eine gewaltige neue Aufgabe zu: die vielfältigen Kirchenkulturen zu einen, zusammenzuhalten, den kreativen Austausch zwischen ihnen zu fördern. Dann können die Bischöfe Amazoniens endlich die Ergebnisse ihrer Synode umsetzen. Und die Afrikaner werden den Zölibat beibehalten und Segensfeier für Homosexuelle „aussetzen“. Das wird möglich, auch wenn es nicht allen gefällt.
Man muss also nicht bedauern, dass viele Themen aus der Synode 2024 ausgelagert wurden. Entscheidend ist für die Kirche in der Welt von heute, dass sie wird, was sie ist: synodal.
[1] Das sind die zehn Studiengruppen:
1. Einige Aspekte der Beziehungen zwischen den katholischen Ostkirchen und der lateinischen Kirche
2. Das Hören auf den Schrei der Armen
3. Die Mission in der digitalen Welt
4. Die Revision der Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis in einer missionarischen synodalen Perspektive
5. Einige theologische und kirchenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit bestimmten Formen des Dienstes
6. Die Revision der Dokumente, die die Beziehungen zwischen den Bischöfen, dem gottgeweihten Leben und den kirchlichen Gemeinschaften regeln, in einer synodalen und missionarischen Perspektive
7. Einige Aspekte der Gestalt und des Dienstes des Bischofs (insbesondere: Kriterien für die Auswahl der Kandidaten für das Bischofsamt, die richterliche Funktion des Bischofs, die Art und Durchführung der Ad limina-Besuche) in einer synodalen und missionarischen Perspektive
8. Die Rolle der Päpstlichen Beauftragten (Nuntien und Ständige Beobachter, Anm.) in einer missionarischen synodalen Perspektive
9. Theologische Kriterien und synodale Methoden für eine gemeinsame Unterscheidung von kontroversen lehrmäßigen, pastoralen und ethischen Fragen
10. Die Rezeption der Früchte des ökumenischen Weges in der kirchlichen Praxis
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Title: Es kommt, wie es kommen musste.
URL: https://zulehner.wordpress.com/2024/03/16/es-kommt-wie-es-kommen-musste/
Source: REL ::: Paul M. Zulehner
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Date: March 18, 2024 at 08:48AM
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