DOMRADIO.DE: Der Unmut der Journalisten, bei der Synode außen vor zu sein, war sofort hörbar, als Franziskus den Ausschluss der Medien auf der Rückreise aus der Mongolei ankündigte. Daraufhin meldete sich die Gesellschaft katholischer Publizisten zu Wort und forderte eine Öffnung der Synode für Medien. Warum sperrt sich der Vatikan dagegen, wo es doch bei der Synode um Dinge geht, die für alle von Belang sind?
Ludwig Ring-Eifel (Leiter des Büros des Centrum Informationis Catholicum (CIC) in Rom und Chefreporter der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): Die offizielle Begründung ist die, dass es sich bei der Synode eben nicht um ein Parlament handelt und dass da keine Schaufensterreden gehalten werden sollen, die dann von den Medien aufgegriffen werden. Vielmehr sollen die Synodenteilnehmer miteinander sprechen und nicht mit dem Blick nach außen.
Die inoffizielle Begründung ist wahrscheinlich die, dass doch sehr starke Kontroversen erwartet werden und dass man befürchtet, dass diese Kontroversen noch zunehmen würden, wenn es alles von den Medien mitverfolgt würde.
Medien neigen dann auch ein bisschen zur Zuspitzung und dazu, die Konflikte herauszustreichen. Genau das will man vermeiden, weil es ohnehin schon hoch hergehen wird. Man will das nicht noch zusätzlich anheizen.
DOMRADIO.DE: Aber heizt man das nicht ohnehin damit zusätzlich an, indem man zu Spekulationen Anlass gibt? Es werden genug Diskussionen vor den Türen stattfinden und die Kirche steht ja nicht immer für Transparenz. Warum wäre es da nicht besser, die Türen auch für Journalisten zu öffnen?
Ring-Eifel: Das ist genau der Standpunkt der meisten Vatikanjournalisten, die wirklich etwas erschrocken waren, als diese klare Absage des Papstes kam. Es gab ja seitens des Synodensekretariats in den vergangenen Wochen vorsichtige Andeutungen: Wahrscheinlich werden wir versuchen, vielleicht doch hier und da einen Livestream zu ermöglichen oder vielleicht sogar die Präsenz von Journalisten in der Aula zu ermöglichen.
Das ist dann offenbar am Veto des vatikanischen Staatssekretariats gescheitert. Das setzt weiterhin darauf, die Konflikte intern auszutragen und hinterher vor die Medien zu treten und zu sagen, was beschlossen wurde.
DOMRADIO.DE: Sie haben in einem Korrespondentenbericht geschrieben, dass Synodensekretariat, Kommunikationsbehörde und Staatssekretariat um die finale Strategie gerungen hätten und dass nur Vatikaninsider ahnen könnten, wie das abgelaufen sei. Was ist Ihre Ahnung da?
„Ob das ein harter Konflikt war, weiß ich nicht.“
Ring-Eifel: Die Ahnung geht schon dahin, dass das Synodensekretariat das eigentlich etwas offener haben wollte und dass sich das Staatssekretariat, das aus einer diplomatischen Tradition kommt, wo Verschwiegenheit eigentlich das oberste Gebot ist, am Ende durchgesetzt hat.
Ob das ein harter Konflikt war, weiß ich nicht, aber das Ergebnis ist jedenfalls deutlich. Es wird keine direkte Medienbeteiligung bei dieser Synode geben.
DOMRADIO.DE: Viele der Bischöfe tratschen auch ganz gern, das erlebt man selbst nach dem Konklave. Wird dann nicht ohnehin außen alles Mögliche geredet und gesagt werden? Wäre es da nicht besser, sich direkt einen Eindruck zu verschaffen, wenn man als Journalist dabei wäre?
Ring-Eifel: Das hielte ich auch für die bessere Methode. Aber auf der anderen Seite gibt das jetzt manchen Leuten die Möglichkeit, in vertraulichen Hintergrundgesprächen bestimmte Akzente zu setzen, bestimmte Spins zu setzen und ihre Interpretation der Ereignisse wieder einzuspeisen.
Das ist für uns Vatikanbeobachter nicht das Schlechteste, denn wir haben ja ganz gute Kontakte. Aber für die breite Öffentlichkeit wäre das andere sicher das ehrlichere Verfahren.
DOMRADIO.DE: Der Papst argumentiert auch so, dass er von dem religiösen Charakter spricht, die die Weltsynode haben soll, die nicht als TV-Format geeignet sei. Ist das nicht auch eine Über-Spiritualisierung dieser doch eher weltlichen Veranstaltung?
„Ich glaube, dass der Vatikan gut daran getan hätte, da ein Gleichgewicht zu finden.“
Ring-Eifel: Da bin ich mir nicht so sicher. Ich glaube, dass es in der Tat bei der Synode einen religiös-spirituellen Teil gibt und auch geben sollte und dass das der Synode auch gut tut. Selbst beim Synodalen Weg in Deutschland, der manchmal sehr kontrovers war, sehr hoch her ging und wo die Medien immer direkt dabei waren, gab es spirituelle und religiöse Momente, um die Wogen ein wenig zu glätten und um alle wieder auf den Kern zu konzentrieren.
Ich glaube, dass der Vatikan gut daran getan hätte, da ein Gleichgewicht zu finden. Einerseits eine Öffnung für die Medien, andererseits den spirituellen religiösen Kern beibehalten und fördern. Dass das jetzt so im Entweder-Oder-Verfahren entschieden worden ist, halte ich nicht für sehr glücklich.
DOMRADIO.DE: Hat der Papst das letzte Wort gehabt?
Ring-Eifel: Das weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass es letztlich das Staatssekretariat war, das sich durchgesetzt hat und dass der Papst dem auch durchaus zugestimmt hat, weil er auch ein bisschen so tickt, dass es besser ist, wenn man die Dinge erstmal untereinander beredet und Zeit hat, die Dinge sacken zu lassen und das nicht alles auf offener Bühne auskämpft.
Da ist er eigentlich auch persönlich jemand, der dieses Verfahren mag und für gut hält.
DOMRADIO.DE: Die Gesellschaft katholischer Publizisten argumentiert bei ihrer Forderung, die Weltsynode für Medien zu öffnen, so: Was alle angeht, sollte auch für alle transparent erörtert und debattiert werden. Schwingt da auch die Erfahrung des Synodalen Wegs in Deutschland mit?
„Ich vermute, mehr als eine Kenntnisnahme davon wird es im Vatikan nicht geben.“
Ring-Eifel: Das sicherlich, weil das aus Sicht der Gesellschaft katholischer Publizisten wahrscheinlich vorbildlich war, wie dort offen gestritten und debattiert wurde. Aber es ist auf einer weltkirchlichen Ebene wahrscheinlich nicht möglich, das eins zu eins umzusetzen, weil da noch mal ganz andere Dinge auf dem Spiel stehen als in einer rein deutschen Debatte.
Deswegen war es gut, dass die deutschen Journalisten sich versucht haben einzubringen. Aber ich vermute, mehr als eine Kenntnisnahme davon wird es im Vatikan nicht geben.
DOMRADIO.DE: Es gibt diese Klischeevorstellungen vom geheimnisvollen Vatikan. Jetzt wird diese Maßnahme eher dazu führen, dass man wieder zu viele Geheimnisse in den Vatikan hineinprojiziert, oder?
Ring-Eifel: Das ist richtig, aber es eröffnet natürlich schon neue Möglichkeiten. Es gab frühere Synoden, bei denen wir später aus den Gesprächen mit den Teilnehmern wissen, dass sich manche Dinge, manche Knoten eben erst in ganz internen Runden, ganz internen Gesprächen gelöst haben.
Das ist in der Politik auch nicht viel anders. Da gibt es auch Kabinettsklausuren und solche Dinge, wo man ganz bewusst die Medien draußen lässt, wenn es wirklich hart auf hart kommt, um miteinander zu ringen und erst danach an die Presse geht. Nur, dass es jetzt ausschließlich so ist, das halte ich für keinen guten Weg.
Das Interview führte Johannes Schröer.
Papst Franziskus hat am 9. Oktober 2021 einen weltweiten synodalen Prozess der katholischen Kirche eröffnet. In dem zunächst auf zwei, mittlerweile auf drei Jahre angelegten mehrstufigen Dialog soll die Kirche vor allem einen anderen Umgangsstil einüben. Dabei geht es zunächst darum, einander und anderen genauer zuzuhören. So soll die Kirche nach Wunsch des Papstes besser erkennen, welchen Herausforderungen sie sich stellen muss und wie sie – Gottes Willen entsprechend – damit umgeht.
Title: "Halte ich für keinen guten Weg" / Vatikan-Korrespondent kritisiert Ausschluss von Medien
URL: https://www.domradio.de/artikel/vatikan-korrespondent-kritisiert-ausschluss-von-medien
Source: DOMRADIO.DE – Der gute Draht nach oben
Source URL: https://www.domradio.de/
Date: September 8, 2023 at 04:43PM
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