Rücktritt completed

Rücktritt completed

https://ift.tt/IQk1oJ5

2013 war ein historischer Moment, als erstmals seit 700 Jahren wieder ein Papst zurückgetreten ist. Die Tage jetzt sind aber nicht weniger historisch. Denn erst mit dem Tod des Zurückgetretenen lässt sich bewerten, ob das Projekt „Papstrücktritt“ wirklich gelungen ist. Die aktuelle Situation ist ähnlich heikel wie 2013. Das lässt sich nicht zuletzt daran erkennen, wie tastend sich der Vatikan vorwärtsbewegt. Viele Informationen über das Prozedere gibt es nur scheibchenweise. Einerseits muss der Tatsache Tribut gezollt werden, dass Joseph Ratzinger Papst war, andererseits muss der Unterschied deutlich werden, dass nicht der amtierende Pontifex verstorben ist, es keine Sedisvakanz gibt. Hinter den Kulissen wird im Vatikan hart gerungen um den richtigen Weg. Während beim Rücktritt vieles noch in Benedikts Hand lag, müssen jetzt andere entscheiden, wo es lang geht.

Rund 65.000 Menschen haben laut Polizei am ersten Tag persönlich Abschied von Benedikt XVI. genommen. (Foto: VaticanMedia)

Rücktritt braucht Regeln, aber wann?

Es mutete naiv an, als Franziskus kurz vor Weihnachten in einem Interview sagte, dass er sich bisher keine Gedanken über die Regelung eines Papstrücktritts gemacht habe. Entsprechende Forderungen waren schon 2013 laut geworden, weil viele das Prozedere des Rücktritts von Benedikt XVI. hinterfragten. Muss es nicht eine offizielle Zeremonie zum Abschluss des Pontifikats geben, statt eines Hollywood-ähnlichen Hubschrauberflugs nach Castelgandolfo? Sollte der Zurückgetretene nicht seinen Papstnamen und die weiße Soutane ablegen, um nicht die Idee aufkommen zu lassen, dass es zwei Päpste gebe? Viele weitere Fragen wurden unter Experten und Beobachtern diskutiert. Man hatte schnelle Antworten parat und Kritik am Vorgehen von Benedikt XVI., dass er das Weiß und den Papstnamen behielt, sich als emeritierter Papst bezeichnete und nicht als ehemaliger Bischof von Rom.

Abgesehen davon, dass das Bischofsamt von Rom seit früher Zeit mit dem Papstamt verbunden und damit der ehemalige Bischof von Rom immer zugleich auch ehemaliger Papst ist, zeigen die Tage nach dem Tod von Benedikt XVI., dass eine Antwort auf die Fragen nicht so leicht ist. Der Rücktritt muss vom Ende her gedacht werden. Im Vatikan gab es etwa heftige Diskussionen, ob Joseph Ratzinger in einem lila Gewand bestattet wird, also dem Gewand für ehemalige Bischöfe, oder im roten, das Päpsten zusteht. Die Entscheidung ist gefallen: rot. Benedikt XVI. war Papst. Was wäre gewesen, wenn er nach dem Rücktritt das Weiß und den Papstnamen abgelegt hätte? Hätte man dann mit dem Tod wieder zurückswitchen müssen? Wäre er als Joseph Ratzinger begraben worden? Wenn ja, wo?

Rücktritt erst jetzt komplett

Mit dem Begräbnis wird der Rücktritt vom Prozedere her erst komplett. Vielleicht war es klug, sich nicht zu früh Gedanken über ein Regularium für einen Rücktritt zu machen. Jetzt ist alles einmal „durchgespielt“: die Verkündung des Rücktritts, der Moment des Amtsverzichts, das Neben- oder Miteinander eines emeritierten und eines amtierenden Papstes, schließlich der Tod des zurückgetretenen Pontifex. Es macht sicher Sinn, die Erfahrung dieser Tage mit hineinzunehmen in die Erarbeitung von Regeln. Denn viele Dinge können zwar am Reißbrett entworfen werden, doch manches muss erlebt worden sein, muss gleichsam die Atmosphäre des Vollzugs mit aufnehmen.

Dazu gehören auch Momente, die bisweilen etwas skurril wirken. An Silvester, nur wenige Stunden nachdem ein Papst, ja ein ehemaliger Papst, verstorben ist und der amtierende im Te Deum gerade noch seiner gedachte, lässt sich Franziskus munter lächelnd, die Pilger mit Handschlag hier und Handschlag dort grüßend im Rollstuhl zum traditionellen Besuch der Krippe auf dem Petersplatz schieben. Nur 200 Meter Luftlinie entfernt wird sein verstorbener Vorgänger für die Aufbahrung vorbereitet. Auf manche Beobachter wirkte die Szenerie irritierend. Hatte Franziskus und sein Umfeld die Wirkung schlicht nicht bedacht oder wollte er demonstrativ zeigen, dass der Papst lebt? Vielleicht ist es weniger wichtig eine Antwort auf diese Fragen zu finden. Möglicherweise ist diese Szene eher ein Beispiel dafür, dass die Situation des Todes eines Emeritus einmal durchlebt werden muss, um den Ordo für einen emeritierten Papst für die Zukunft definieren zu können.








Religion

via Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog https://ift.tt/E5m6qFM

January 2, 2023 at 11:32PM